Plattformgeschäft Pioniergeist und Mut zur Veränderung
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Mit der Transformation zu einer B2B-Beschaffungsplattform hat Conrad Electronic vor fünf Jahren einen Kurswechsel vollzogen. CEO Ralf Bühler erklärt, wo das Unternehmen aktuell steht und wie es gelingt, sich im Zeitalter digitaler Global Player als Technikhändler einen festen Platz zu sichern.

Früher haben Technikhändler einfach nur Produkte verkauft. Doch heute verlangen Kunden, gerade im B2B-Umfeld, deutlich mehr. Plattformgeschäft lautet das große Stichwort und auch Conrad geht diesen Weg. Was zeichnet die Plattformökonomie von Conrad aus und wie profitieren Geschäftskunden davon?
Ralf Bühler: Unser Ziel ist klar: Wir wollen Europas führende Beschaffungsplattform für technischen Bedarf werden. Als solche optimieren wir die Beschaffung unserer Geschäftskunden, indem wir ihnen nicht nur ein gleichermaßen breites wie tiefes Sortiment bieten, sondern on top mit kundenzentrierten Lösungen, passgenauen Services sowie fachkompetenter Beratung und individueller Betreuung punkten. Mit allen Teilen unseres Angebots tragen wir als unternehmerisch denkender Lösungsanbieter sowie langfristiger und verlässlicher Beschaffungspartner entscheidend zum wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen bei. Aktuell kann ich sagen, dass der größte Teil unserer Transformation vom klassischen Technikhändler hin zur Beschaffungsplattform geschafft ist.
Vor fünf Jahren wurde der Conrad Marketplace gelauncht. Ist er nach wie vor integraler Bestandteil der Conrad Sourcing Platform?
So ist es. Zusätzlich zu unserem Kerngeschäft als Händler und Serviceanbieter sind wir seit 2017 mit einem eigenen Marktplatz in Deutschland aktiv, der ganz explizit die Anforderungen von Geschäftskunden im Blick hat. Da bei dieser Kundengruppe neben einem umfangreichen Sortiment vor allem auch die Produktqualität zählt, haben wir uns von Anfang an für ein kuratiertes Marktplatzmodell entschieden. Es können also ausschließlich geprüfte Hersteller und Distributoren ihre Ware über unsere Plattform verkaufen.
Entwickelt sich das Marktplatz-Geschäft wie erwartet?
Ja. Unser Ziel war es, den Umsatz beim Marktplatz jährlich zu verdoppeln und das haben wir erreicht. Wir nähern uns mittlerweile einem dreistelligen Millionenbetrag. Der Ausbau des Sortiments unterstreicht diesen Erfolg: Vor der Einführung des Conrad Marketplace im Jahr 2017 haben wir auf conrad.de ein rund 800.000 Artikel umfassendes Sortiment angeboten. Fünf Jahre später sind wir bereits bei über sieben Millionen Produktangeboten von mehr als 650 Herstellern und Distributoren.
Und was sind die nächsten Schritte?
Der Aufwärtstrend im E-Commerce ist ungebrochen und gewinnt gerade auch im B2B-Bereich immer mehr an Bedeutung. Dementsprechend wollen wir hier natürlich weiter wachsen und haben im Zuge dessen auch die Internationalisierung im Blick: Schon seit 2021 steht auch unseren Geschäftskunden in Österreich ein Conrad Marketplace für einfaches und schnelles One-Stop-Shopping zur Verfügung und bereits im Juli 2022 haben wir unseren Marketplace in den Niederlanden gelauncht. Im Dezember war dann Italien an der Reihe und weitere Länder werden folgen. Dabei haben wir vor allem auch die Möglichkeiten der Cross-Border-Beschaffung im Blick, um Geschäftskunden den reibungslosen Einkauf von Waren über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen und Sellern weitere Kundengruppen zu erschließen.
Sie sprechen gerade die Seller an. Welche Vorteile bieten sich Herstellern und Distributoren, die über den Conrad Marketplace verkaufen?
Die Kundengruppen, die über den Conrad Marketplace adressiert werden, sind klar definiert. Jeder Hersteller oder Distributor, der Waren im Bereich des technischen Bedarfs anbietet, kann sich quasi über Nacht und punktgenau neue Zielgruppen und Absatzkanäle erschließen. Allein in Deutschland erreichen unsere Marketplace-Partner so über zwei Millionen Geschäftskunden. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Seller jederzeit und vollumfänglich die Sortiments- und Preishoheit behalten. Und ihnen stehen umfassende Services zur Verfügung, zum Beispiel wird ihnen ein detailliertes Reporting mit den wichtigsten Leistungskennzahlen zur Performance ihrer Produkte zur Verfügung gestellt – darunter der Traffic auf den Produktseiten, Produkte der Mitbewerber, Preisvergleiche mit anderen Anbietern und die Anzahl der Kunden, die sich für bestimmte Produkte interessieren.
Noch einmal zurück zu Ihren Zielgruppen: Sie adressieren sowohl Kleinbetriebe, Mittelständler als auch Konzerne. Wie kann es gelingen, die jeweils unterschiedlichen Kundenanforderungen im Bereich Beschaffung zu berücksichtigen?
Egal ob Ein-Mann-Betrieb oder Großkonzern – was alle eint, ist der Wunsch nach möglichst einfacher, schneller und damit effizienter Beschaffung. Denn gerade beim Einkauf von C- und B-Teilen übersteigen die Prozesskosten nicht selten die eigentlichen Produktkosten. Denn der Aufwand für die Bedarfsprüfung, Lieferantenauswahl, Genehmigung, Auftragserteilung und Bestellabwicklung ist enorm. Aber auch die Zahlungsabwicklung und Buchungsvorgänge müssen gewissenhaft durchgeführt und geprüft werden. E-Procurement kann diese komplexen Vorgänge deutlich verschlanken und beschleunigen. Immer mehr Unternehmen setzen deshalb auf optimierte elektronische Beschaffung – und genau dieser Anforderung kommen wir mit unseren maßgeschneiderten E-Procurement-Lösungen nach.
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Interview mit Thomas Vasterling, Executive Vice President Logistics bei Lapp
Wie managen Sie die angespannte Versorgungslage?
Wie genau sehen die verschiedenen E-Procurement-Lösungen bei Conrad aus?
Conrad setzt auf Omnichannel Access und bietet Unternehmen aller Betriebsgrößen die für sie passende digitale Anbindung an die Conrad Sourcing Platform. Die browserbasierte Lösung Conrad Smart Procure (CSP) ist einfach zu nutzen, läuft auf jedem Endgerät und ist damit für kleinere Betriebe ohne eigenes ERP-System die ideale Wahl. Für Unternehmen mit eigenem Warenwirtschaftssystem stehen entweder OCI/Punchout oder E-Katalog zur Auswahl. Alle E-Procurement-Kunden können so auch auf die zusätzliche Artikel- und Konditionenauswahl aus der breiten Welt des Conrad Marketplace zugreifen. Sie erwerben dabei auch dieses erweiterte Sortiment von Conrad selbst - also aus einer Hand - so dass z.B. keine zusätzlichen Kreditoren auf Kundenseite angelegt werden müssen.
Wird das Angebot gut angenommen?
Ja, wir sehen hier wachsendes Interesse und schon jetzt eine große Nachfrage. Aktuell haben wir bereits mehr als 3.000 E-Procurement-Anbindungen allein in Deutschland realisiert. Unser Ziel ist es, im nächsten Jahr die Zahl um 20 Prozent zu steigern, so dass noch mehr Unternehmen Kosten und Zeit bei ihrer Beschaffung sparen können.
Heißt das im Umkehrschluss, dass künftig bei Conrad nur noch auf digitale Prozesse und künstliche Intelligenz gesetzt wird?
Keine Frage, Digitalisierung bekommt in der modernen betrieblichen Beschaffung einen immer höheren Stellenwert. Und natürlich nutzen auch wir KI, um Prozesse zu optimieren, beispielsweise, wenn es um das Management von E-Mails und Bestellungen oder das Vorschlagen von Alternativprodukten im Online-Shop geht. Trotz aller Möglichkeiten der Digitalisierung setzen wir bei Conrad aber nach wie vor auch auf den Faktor Mensch: Unsere Geschäftskunden profitieren von der direkten Betreuung im Key Account Management und Inside Sales. Und natürlich dienen auch unsere Profistores in Hürth, Regensburg und Mannheim als Anlaufstelle, um mit unserem fachkundigen Team in Kontakt zu treten. Die Profistores bieten darüber hinaus noch einen weiteren Pluspunkt, den die virtuelle Welt so nicht leisten kann: Gerade im B2B-Bereich macht der stationäre Handel als Verlängerung des Online-Modells Sinn, beispielsweise wenn es um eine sofortige Verfügbarkeit eines Produkts oder die Möglichkeit geht, hochpreisige Technik wie etwa eine Industriedrohne vor Ort auszuprobieren.
Welche Rolle kann Conrad mit seinen Lösungen und Services ganz speziell für die Automatisierungsbranche spielen?
Allein im Bereich Automation stehen auf unserer Beschaffungsplattform mehr als 900.000 Produktangebote zur Verfügung. Darunter ein nahezu vollumfängliches Angebot an Automatisierungs- und Pneumatikkomponenten mit über 190.000 Artikeln, um den Profis im Bereich MRO optimale Auswahl und schnelle Verfügbarkeit zu ermöglichen. Darüber hinaus bieten wir unter anderem einen Kalibrier- sowie einen PCB-Platinen-Service, einen 3D-Druckservice oder einen Kabelmeterservice für metergenaue Kabelbestellungen an. In Ratgebern, Themenwelten und Use Cases stellen wir darüber hinaus Trends und Neuheiten vor und nehmen hier auch spezielle Themen wie Feld- und Prozesstechnik, Industrial Ethernet, dezentrale Automatisierung oder Robotik in den Blick. Aktuell sehen wir zum Beispiel großes Potential beim Einsatz von Cobots und haben viele relevante Infos dazu in einem Whitepaper zusammengefasst, das kostenlos zum Download zur Verfügung steht.
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Wirtschaft
Umsatz in der elektrischen Automation legt zu
Sie sehen sich als Lösungsanbieter mit 100 Jahren Erfahrung. Wie genau kann das in der Praxis aussehen?
Die Beschaffung von technischem Bedarf so effizient wie möglich zu machen und Unternehmen genau die Produkte, Lösungen und Services zu liefern, die ihre Projekte oder ihr Business zum Erfolg führen – das verstehen wir unter Lösungsanbieter. Das kann ich am besten an einem Beispiel erklären: Ein Unternehmer in Frankfurt benötigte für seine Mango-Farm im Senegal die passenden Teile für ein Bewässerungs- und Überwachungssystem. Unsere Kundenberater ermittelten daraufhin zusammen mit ihm die passende technische Lösung, um den spezifischen lokalen Anforderungen gerecht zu werden. On top hatten wir im nächsten Schritt dann auch noch alle hierfür benötigten Teile im Sortiment, angefangen bei der Webcam über die Solaranlage bis hin zu verschiedenen elektronischen Bauteilen.
Vielen Dank Herr Bühler.
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