No-Code-Technologie So lassen sich Roboter im Handumdrehen programmieren

Von Sariana Kunze

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Roboterprogrammierung ist keine Expertensache mehr. Mit einer No-Code-Robotik-Plattform können selbst Laien Roboter einfach, günstig und herstellerübergreifend anlernen. Erfahren Sie, warum diese Lösung nicht nur viel Potenzial für den Mittelstand bietet, sondern auch für einen großen Automobilisten wie Volkswagen.

Mit einer No-Code-Robotik-Plattform können Fabrikarbeiter von Volkswagen Roboter innerhalb von Minuten selbst anlernen.
Mit einer No-Code-Robotik-Plattform können Fabrikarbeiter von Volkswagen Roboter innerhalb von Minuten selbst anlernen.
(Bild: Wandelbots)

Der Boden aus Holz, die Wände aus Glas, die Menschen in Weiß gekleidet. Nur gedämpft sind Geräusche in den lichtdurchfluteten Räumlichkeiten hörbar. „Wir befinden uns hier in der Produktion der gläsernen Manufaktur von Volkswagen an einer neuen Anlage, wo wir die Qualitätssicherung unterstützen wollen“, sagt René Wellenberg, Koordinator für Robotik der gläsernen Manufaktur Dresden von Volkswagen, während neben ihm ein Cobot den „Motorraum“ eines weißen E-Golfs überprüft. Am Kopfende des Roboters sitzt eine Kamera. Sie nimmt die angefahrenen Prüfpunkte des Autos auf, sodass die Punkte bewertet werden können.

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Dieser Roboter wurde nicht konventionell programmiert. Doch woher weiß er dann, welche Punkte er wo aufnehmen muss? Ein etwas überdimensionierter schwarz-grauer Stift verrät es ihm. Mit dem sogenannten Tracepen können Anwender einfach auf die entsprechenden Objekte zeigen – anstatt zu programmieren. Der Roboter erkennt mittels des Programmierstifts die Bewegung und fährt sie nach, auch im Submillimeter-Bereich. Diese Art des Teachens ist eine No-Code-Robotik-Lösung.

Roboter anlernen für den Mittelstand vereinfacht

Einem Roboter ohne Programmierkenntnisse Aufgaben zuweisen, das war lange Zeit undenkbar. Es war Expertensache und zudem unflexibel, kostenintensiv und langwierig. Denn es entfallen bei einer klassischen Roboterprogrammierung fast 75 Prozent der Kosten auf das Anpassen oder Neuprogrammieren der Software. Nur so können Roboter neue oder veränderte Prozessschritte ausführen. „Der Zugang zur Automatisierung von Prozessen durch Roboter war dadurch meist nur großen Unternehmen vorbehalten“, erklärt Christian Piechnick, CEO von Wandelbots, die Marktsituation. Das junge Unternehmen, das im Jahr 2017 aus der TU Dresden ausgegründet wurde, macht mit dem Tracepen eine No-Code-Robotik nicht nur für große Unternehmen wie Volkswagen und Infineon möglich, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen verfügbar. „Nur maximal drei bis vier Prozent der deutschen Mittelständler haben tatsächlich schon Roboter im Einsatz. Eintrittshürden wie Preis, Technologie und Komplexität sind meist der Grund dafür“, macht Helmut Schmid, erster Vorsitzender des Deutschen Robotik Verbands, die Hindernisse für KMU deutlich. „Durch kollaborierende Roboter ist ein ganz neuer Markt entstanden, der viele junge Robotik-Unternehmen hervor gebraucht hat. Viele kommen aus dem Softwarebereich, konzentrieren sich auf das Thema Benutzerfreundlichkeit und wollen den Einsatz von Robotik vereinfachen.“ Dazu zählt auch das Unternehmen Wandelbots.

Wenn Bewegungen in Programmcodes übersetzt werden

Mit einer No-Code-Robotik-Plattform soll es jedem Fabrikarbeiter, Handwerker oder Geschäftsinhaber möglich sein, Roboter innerhalb von Minuten selbst anzulernen. So können beispielsweise KMU kleine Losgrößen produzieren ohne viel Geld in die Roboterprogrammierung investieren zu müssen. Dennoch ist ein grundlegendes Verständnis für Roboter und deren Sicherheitsanforderungen notwendig. Hauptprodukt ist die Wandelbots Teaching Solutions, die Bedienern die Möglichkeit gibt, Roboter anzulernen oder umzulernen, ohne eine Zeile Code zu schreiben. Dabei wird eine Software mit einem intelligenten Lerngerät kombiniert, wie mit dem drahtlosen Tracepen. So geht's:

Roboter in drei Schritten teachen

  • 1. Schritt: Der Benutzer führt eine Tätigkeit mit dem Tracepen in der Hand beispielhaft aus, die der Roboter erlernen soll. Dabei kann der Bediener definieren, ob sich der Roboter von Punkt zu Punkt, linear oder kreisförmig zwischen den festgelegten Punkten bewegen soll. Durch eine integrierte Gelenksteuerung kann der Anwender die einzelnen Robotergelenke direkt beeinflussen. Sensoren im Programmierstift erfassen die Bewegung in Echtzeit und zeichnen diese auf.
  • 2. Schritt: Die Wandelbots-App macht den Pfad sowie den Ablauf editierbar, sodass Keyframes angepasst und I/Os gesteuert werden können.
  • 3. Schritt: Der fertige Skill wird sofort in ausführbare, herstellerspezifische Codes umgewandelt, die auf den Controller eines Roboters übertragen werden.

Die Lösung von Wandelbots wird in einem Koffer ausgeliefert. Er enthält den Tracepen, einen kabellosen Stift zur Aufzeichnung der Bahn, Stative und Tracking Cubes zur Verfolgung der Bewegung, einen Kalibrierungsadapter, einen Indus trie-PC zum Ausführen der Software sowie ein iPad, das die entsprechende App enthält.

Erlernte Prozesse herstellerunabhängig auf Roboter übertragen

Der erlernte Prozessschritt lässt sich zudem auf weitere Roboter anderer Hersteller übertragen. Diese Möglichkeit gab es bisher nicht. Jeder Roboterhersteller setzt auf seine eigene proprietäre Programmiersprache. So soll auch für kleine und mittelständische Unternehmen der Robotereinsatz möglich werden. Wandelbots hat dazu erst kürzlich gemeinsam mit dem 5G Lab der TU Dresden Industrie-4.0-Technologien in einigen kleinen und mittelständischen Unternehmen erprobt. Wandelbots sieht vor allem bahngeführte Applikationen wie Schweißen, Entgraten, Kleben und Sprühen als Einsatzmöglichkeiten. Erste Pilotprojekte haben gezeigt, dass der Wechsel zu einem neuen Prozessschritt mit dem Tracepen 70-mal schneller gelingen kann als mit herkömmlicher Programmierung. Und dies bei einer Kostenreduktion laut Wandelbots um bis zu 90 Prozent. Piechnick sieht seine Zielgruppe vom Hersteller bis zum Anwender von Robotern.

VW automatisiert visuelle Inspektion

In der Zukunft wollen wir in der Produktion frühzeitig Fehler erkennen, indem wir beim Werker an der Linie überprüfen. Das heißt: Mit der Kamera am Roboter ein Bild machen und mittels Künstlicher Intelligenz kontrollieren, ob etwa das richtige Label angebracht ist. So können wir Nacharbeiten und Kosten vermeiden“, beschreibt Wellenberg von VW. Für die Bildanalyse werden in der gläsernen Manufaktur in Dresden neuronale Netze verwendet. Damit lassen sich zahlreiche Anwendungsfälle in der optischen Prüfung realisieren. Mit diesen neuralen Netzen können Anwender alles bewerten, was der Mensch auch mit seinen Augen bewerten könnte. „Das besondere an diesem Projekt ist, dass wir wieder einmal in der gläsernen Manufaktur ein erfolgreiches Industrie-4.0-Projekt umsetzen konnten“, sagt Wellenberg abschließend über das Pilotprojekt mit Wandelbots.

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