PC-basierte Steuerungs- und Antriebstechnik So optimiert ein durchgängiges Automatisierungssystem die Drahtkamm-Bindung
Komplexe Bewegungssteuerungen sind die Spezialität der Durrer Spezialmaschinen aus Küssnacht am Rigi in der Schweiz. Jüngst umgesetzt wurde dies bei einer Sondermaschine zur Herstellung von Tischkalendern und Notizblöcken. Und zwar durchgängig mit der PC-basierten Steuerungs- und Antriebstechnik von Beckhoff.
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Die Komplexität des Produktionsprozesses zeigt sich allein schon in der Größe der Anlage: knapp 20 m Länge, 1,4 m Breite und 2 m Höhe. Für den Transport und die präzise Verarbeitung der Kalender-Druckbögen sorgen insgesamt 69 Servoachsen, realisiert mit den Beckhoff-Servoverstärkern AX5000 und unterschiedlichen OCT-Servomotoren der Familie AM8000. Die Anlage teilt sich auf in die von einem Embedded-PC CX2020 gesteuerte Schneidemaschine SIX-CUT mit 18 Servoachsen und in die mit einem Schaltschrank-PC C6640 und 51 Servoachsen ausgestattete Stanz- und Bindelinie WIRO4. Herstellen lassen sich damit Print-Produkte mit Drahtkamm-Bindung in einem Formatbereich von 140 × 90 mm bis 380 × 240 mm. „Die Besonderheit und Innovation der Anlage liegt in der format- und vor allem in der dickenunabhängigen Verarbeitungsleistung von rund 2200 Produkten pro Stunde“, sagt Patrick Suter, Bereichsleiter Entwicklung bei Durrer.
In der Schneidemaschine werden die zugeführten Falzbogen im passenden Format zugeschnitten und über ein Zangentransportsystem an die Hauptanlage WIRO4 übergeben. Diese beginnt mit zwei Zuführstationen für optionale Werbeseiten – auf der Rück- und der Oberseite des Tischkalenders oder Notizblocks – bevor das Produkt vom liegenden Transport aus aufgestellt und dann für die Bindestanzungen in 1 bis 2 mm dicke Teil-Produkte aufgefächert wird. „Von der Stanztechnik und der Antriebsleistung her ließen sich auch größere Papierbündel stanzen. Allerdings wäre dann die Stanzqualität bedeutend schlechter“, nennt Patrick Suter den Grund. Deswegen werden die durch die Anlage transportierten Buchblöcke je nach Dicke des Endprodukts in einer zweistufigen Einheit in zwei bis maximal acht Bahnen aufgesplittet. Anschließend werden die Teil-Produkte wieder zusammengeführt und abgelegt, um den rück- und vorderseitigen Deckel ergänzt sowie mit dem Bindedraht versehen. Dabei arbeitet die Anlage hochflexibel, das heißt Format- und Produktwechsel sind mit minimalen Umrüstzeiten möglich.“
Konnektivität für Industrie 4.0
Die Hard- und Software der Anlage wurde so ausgelegt, dass diese Industrie-4.0-bereit ist und somit die Vernetzung zu überlagerten Systemen gewährleistet wird. Die Übermittlung von Produktionsdaten an ein ERP-System ist vorbereitet. Zudem arbeitet die Anlage komplett in einem Netzwerk aus verschiedenen Maschinen unterschiedlicher Hersteller.
Vorgelagert zum Verbund der WIRO4 und SIX-CUT ist die Zusammentragmaschine eines renommierten Schweizer Herstellers. Zudem sind in der Durrer-Anlage ein externer Etikettendrucker und ein Kammformer integriert. Weiterhin läuft dem Verbund nachgelagert eine Verpackungsanlage. Alle Maschinen sind vernetzt und aufeinander abgestimmt, um eine möglichst hohe Leistung und Produktivität der Gesamtanlage zu erreichen.
Viel bewegte Mechanik erfordert leistungsfähige Steuerungstechnik
Der große Anteil an bewegter Mechanik stellt laut Patrick Suter hohe Anforderungen. In der gesamten Anlage steckt nämlich viel Antriebstechnik und mit zirka 100 Funktionen auch ein großer Anteil an Pneumatik sowie Hydraulikfunktionen. Dies erfordert eine hochwertige Steuerungstechnik sowie eine leistungsfähige und auch für zukünftige Anforderungen geeignete Antriebstechnik. „PC-based Control von Beckhoff bietet all das und zudem die Vorteile eines offenen und flexiblen Systems. Hinzu kommt die gute Unterstützung beispielsweise bei der Optimierung von Servoachsen, und zwar sowohl durch Beckhoff Schweiz als auch durch die Experten in der Unternehmenszentrale in Verl.“
Die Modularität von PC-based Control ist für den Experten in mehrerer Hinsicht bedeutend: Durch das breite Spektrum der Beckhoff Industrie-PCs ist die Rechenleistung entsprechend der jeweiligen Anwendung skalierbar. Zudem lässt sich die I/O-Ebene sehr gut über dezentrale, bei Bedarf einfach erweiterbare I/O-Inseln realisieren. „Hier profitieren wir besonders von den Ethercat-I/O-Box-Modulen, über die in der aktuellen Anlage 80 Prozent aller I/O-Daten erfasst werden.“ Auch steuerungsseitig wird die Modularität unterstützt – durch ein einfaches Engineering ebenso wie durch die komfortable Machine-to-Machine-Kommunikation per Ethercat Automation Protocol (EAP), über welches Bereitschaftssignale sowie Geschwindigkeits- und Produktinformationen zwischen der SIX-CUT und der WIRO4 ausgetauscht werden. Gleiches gilt für die Software, die ebenfalls ein offenes, modulares und einfach erweiterbares System darstellt. „So können wir programmierte Grundfunktionen ohne großen Aufwand anpassen und in neuen Projekten wiederverwenden“, erklärt Suter.
Aufgrund der Größe und der umfangreichen Antriebstechnik der Gesamtanlage profitiert Durrer außerdem in besonderem Maße von der One Cable Technology (OCT). „Die meisten Kabel der Antriebstechnik haben eine Länge von 20 m und mehr. Dementsprechend hoch ist die Kostenersparnis durch die Einkabellösung OCT. Hinzu kommt, dass sich Kabelverlegung und -handling deutlich vereinfachen sowie kleinere Schleppketten und weniger Kabeldurchführungen erforderlich sind“, verdeutlicht Suter.
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