Robotik So wird ein mobiler Roboter dem Flugzeugbau gerecht

Redakteur: Karin Pfeiffer

Im Flugzeugbau wird noch vieles von Hand gefräst, gebohrt oder montiert. Denn die Roh-Bauteile variieren. Fraunhofer-Forscher haben jetzt gemeinsam mit Industriepartnern einen mobilen Roboter entwickelt, der derzeit wohl als einziger weltweit den Anforderungen an höchste Genauigkeit gerecht wird.

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Im Forschungsprojekt "Prozesssichere hochproduktive Präzisionszerspanung von CFKGroßstrukturen" (ProsihP II) entwickelte das Fraunhofer IFAM in einem interdisziplinären Projektkonsortium aus Industrie und Forschung einen mobilen CNC-Bearbeitungsroboter.
Im Forschungsprojekt "Prozesssichere hochproduktive Präzisionszerspanung von CFKGroßstrukturen" (ProsihP II) entwickelte das Fraunhofer IFAM in einem interdisziplinären Projektkonsortium aus Industrie und Forschung einen mobilen CNC-Bearbeitungsroboter.
(Bild: Fraunhofer IFAM)

Wenn derzeit im Flugzeugbau automatisierte Maschinen arbeiten, sind es in erster Linie schwere, individuell zugeschnittene Portalanlagen, die sich auf Schienen langsam über die Bauteile schieben. Die Nachteile: Die Anlagen sind kostspielig, unflexibel, haben hohe Nebenzeiten und daher eine geringe Produktivität. Die Luftfahrtbranche hat deshalb eine Offensive zur Automatisierung der Produktion gestartet und universell einsetzbare mobile Roboter ent­wickelt, berichtet das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, das dafür zusammen mit Industriepartnern wie beispielsweise Siemens kooperiert.

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Ziel des vom Land Niedersachsen geförderten Forschungsprojekt „Prozesssichere hochproduktive Präzisionszerspanung von CFK-Großstrukturen“ (ProsihP II) war die Befähigung des Industrieroboters, den von der Luftfahrtindustrie vorgegebenen Fertigungstoleranzen von wenigen Zehntel mm gerecht zu werden.

„Unser neuer Roboter kann die Bauteile selbständig anfahren und dort alle notwendigen Arbeiten ausführen. Messen, kleben, bohren, fräsen – alles ist möglich. Der Roboter ist universell einsetzbar und kann sich schnell und flexibel auf Formabweichungen, Produkt- sowie Typveränderungen einstellen“, erklärt Dr. Dirk Niermann, Abteilungsleiter Automatisierung und Produktionstechnik am Fraunhofer IFAM in Stade.

Während bisher entwickelte Roboter bei solchen Aufgaben an den hohen Anforderungen der Luftfahrt in Sachen Genauigkeit scheiterten, ist das für den neuen Roboter kein Problem: Die Abweichungen bei der Bearbeitung betragen weniger als 0,5 mm.

Der Hauptnachteil bei der Nutzung von Industrierobotern als Bearbeitungsmaschinen war dem IFAM zufolge bisher die systembedingte, ungenügende Absolutgenauigkeit – verursacht durch den seriellen Aufbau, die Nachgiebigkeit der Getriebe und äußere Stör­einflüsse. Zusätzlich führen hohe Prozesskräfte, wie sie zum Beispiel in der Zerspanung von Bauteilen aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK) in der Luftfahrtindus­trie vorkommen, zu signifikanten Abweichungen des sogenannten Tool Center Points (TCP) von der Sollbahn. Der Grund: die geringe Struktursteifigkeit in der Roboter­kinematik. Diese Fehler lassen sich nicht durch die intern verbauten Motorgeber messen, sodass Kalibrationsroutinen und interne Roboterregelung nicht in der Lage sind, Einfluss auf äußere Störgrößen zu nehmen.

Durch den Einsatz eines Stereo-Kamera-Messystems wird die Position und Orientierung des Robo- ter-Endeffektors unter dem Einsatz eines Messmarkenhalters präzise bestimmt und die Abweichung von der gewünschten Sollpose ermittelt. Über eine direkte Kommunikationsschnittstelle auf die Siemens-CNC-Steuerung des Industrieroboters sei es möglich, diese Abweichung in Form von Kompensationswerten in der Bahnplanung zur berücksichtigen, heißt es beim IFAM.

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