Maschinen- und Anlagenbau Warum agiles Vorgehen den Wasserfall im Engineering ablösen muss
Dass Prozesse im Engineering weiter parallelisiert werden müssen, um effizient und interdisziplinär arbeiten zu können, ist kein Geheimnis. Mit „agilem Engineering“ will Aucotec Planer befähigen, die simultane Kooperation verschiedener Gewerke und Disziplinen in Maschinen- oder Anlagenbauprojekten effektiver zu beherrschen.
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Zeit- und Kostendruck trifft - wie vermutlich alle Branchen - auch den Steuerungs- und Schaltanlagenbau. Denn Steuerungs- und Schaltanlagenbau sind oft Teil größerer Projekte des Anlagenbaus und werden dann mitunter als vermeintlich letztes Glied der Kette gesehen. "So geraten sie immer wieder unter enormen Zeitdruck. Insbesondere späte Änderungen in Projekten treffen sie besonders hart", erklärt Reinhard Knapp, Director Global Strategies bei Aucotec.
Diese Änderungen sind bei der Planung und im Engineering von Maschinen- und Anlagen an der Tagesordnung. So büßen Unternehmen häufig viel Zeit und Datenqualität in der Änderungsfalle ein, die dadurch entsteht, dass die notwendige Parallelisierung der Prozesse mit Toolketten versucht wird, die eigentlich nur für Wasserfall-Prozesse geeignet sind. Denn, wie Knapp weiter ausführt, wird Information in der klassischen Prozesskette immer durchgereicht, sodass etwa eine Änderung aus der mechanischen Konstruktion erst sehr verzögert bei denen ankommt, die resultierende Anpassungen in der elektrischen Versorgung, in den Schaltanlagen oder der Steuerungssoftware durchführen müssen. "Dieser Zeitversatz ist angesichts enger Projektpläne schon an sich problematisch. Je mehr ein Projekt fortschreitet und der geplante Produktivstart einer Anlage ins Blickfeld gerät, umso mehr wird der langwierige Prozess durch ad-hoc-Änderungs-Informationen unterlaufen, wodurch sich zunehmend Fehler einschleichen", so Knapp weiter.
Warum agiles Vorgehen den Wasserfall ablösen muss
„Den“ Wasserfall-Prozess gibt es schon lange nicht mehr: Denn kein Planer kann so lange warten, bis der vorherige Projektschritt ganz abgeschlossen ist - wie es beim klassischen linearen, nicht-iterativen Wasserfall-Vorgehensmodell praktiziert wird. Der Planer fängt also ohne die Ergebnisse der Nachbar-Disziplin in seinem Tool an, ebenso verfahren die anderen Fachbereiche. Das erfordert immer wieder interdisziplinäre Abgleiche zwischen den verschiedenen Disziplinen.
Dazu kommen unvermeidlich Korrekturen von außen durch veränderte Kundenwünsche oder Rahmenbedingungen, mit Auswirkungen auf alle Disziplinen. So entsteht ein langwieriger, fehleranfälliger Kreislauf von Änderungs-Übertragungen. Noch komplizierter wird es bei parallelen „Wasserfällen“, wobei die neue Version eines freigegebenen Prozessschritts bearbeitet wird, während andere noch auf Basis einer früheren Freigabe weiterentwickeln.
Datenpool sichert Informationsfluss
So ist das Wasserfallmodell nicht nur wegen zu langer Wartezeiten „out“ sondern auch, weil Wasser nun mal nicht bergauf, also rückwärts fließt – und Toolketten nur einen vorgegebenen Ablauf unterstützen. Deshalb entwickelte Aucotec die Kooperationsplattform Engineering Base (EB). Sie vereint sämtliche Kerndisziplinen der Maschinen- und Anlagenplanung in einem System.
Engineering Base ist eine Kooperationsplattform für Anlagenplanung und -betrieb, die sich dadurch auszeichnet, dass unterschiedliche Gewerke auf einem gemeinsamen Datenmodell in einer zentralen Basis zusammenarbeiten. Informationen werden dort von den allerersten Schritten des Engineerings an gesammelt und immer weiter angereichert.
Das zentrale Datenmodell sorgt dafür, dass jede Änderung jeder beteiligten Disziplin sofort für alle sichtbar ist und sich unmittelbar weiterbearbeiten lässt. Um im Wasserbild zu bleiben: Das Modell ist wie der Teich, in dem sich durch jeden neuen Wassertropfen Wellenkreise ausbreiten. Genauso erreicht jede Eingabe in EBs Single Source of Truth sofort jede Disziplin – existenzielle Voraussetzung für das Beherrschen komplexer Szenarien.
Von parallelem zu agilem Vorgehen
Mit einer Reihe von Neuerungen hat Aucotec EB jetzt so optimiert, dass der nächste Schritt, agiles Engineering, möglich ist:
- Neu ist eine Rechtevergabe auf Attributebene, worin definiert wird, wer welchen Status sehen und bearbeiten darf. Diese Funktion ergänzt das etablierte Data Tracking mit kompletter Änderungshistorie, in dem sich individuell konfigurieren lässt, welche Änderungen man sehen möchte. Die Rechtvergabe ist möglich, weil bei EB Daten statt Dokumente im Zentrum stehen. Restriktive Rechte, die sich auf Objekte beziehen, sind hier nicht zielführend, da es jedes Objekt nur einmal gibt, aber verschiedene Disziplinen daran arbeiten, auch parallel. Ein Prozessingenieur bearbeitet eine Pumpe ebenso wie der Electrical-Experte, nur eben andere Aspekte. In EB ist Gleichzeitigkeit Programm.
- Zudem sind die Daten und die gesamte Anlagenstruktur gegen versehentliche Änderungen geschützt. Das gilt unterhalb von Objekten ebenso wie nach oben („glue to parent“). Nur mit dieser disziplinübergreifenden Sicherheit, die kein “Einfrieren“ von Daten erfordert, wird agiles Arbeiten möglich: Mit kontinuierlicher Sichtbarkeit der Fortschritte in den Nachbardisziplinen und unmittelbarer Nutzbarkeit neuer Daten für die eigenen Aufgaben. Die damit viel engere Verzahnung der Disziplinen macht Wartezeiten und Änderungs-Pingpong überflüssig und bringt enormen Effizienzgewinn.
- Darüber hinaus ist während der Planungsphase die Modifizierung eines Anlagenbauprojekts jederzeit möglich: Was vor ein oder zwei Jahren angedacht war, muss nicht zwangsläufig umgesetzt werden. Neue Erkenntnisse sind im laufenden Prozess kontinuierlich und schnell, also agil, umsetzbar. Das Ergebnis: Die fertige Anlage ist State-of-the-Art, nicht vom vorletzten Jahr.
Agiles Engineering ist der passende Ansatz, um früher „mit am Tisch“ zu sitzen. Wenn Steuerungstechnik und Schaltanlagenbau durch eine kooperative Engineering-Plattform parallel statt sequenziell am Engineering-Prozess teilhaben, können beispielsweise Konsequenzen von Änderungen sehr viel früher angegangen werden. Gewerke sind besser abgestimmt und der Stress, der sonst zum Projektende auf der Baustelle und in der Inbetriebnahme durch Abstimmungsmängel entsteht, wird deutlich entschärft.
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Den eigenen Weg zur Digitalisierung finden
Beispiel für agiles Engineering mit Engineering Base
- Als Beispiel ist ein Antrieb zunächst eine funktionale Anforderung der mechanischen oder verfahrenstechnischen Planung. Das Objekt, das ihn in EB repräsentiert wird schrittweise mit weiteren Informationen angereichert.
- Da die elektrische Disziplin auch an diesem Modell teilhat, kann schon die Auslegung der Versorgung anfangen, sobald erste Leistungsdaten vorliegen - die konkrete Ansteuerung, sobald weitere Details vorliegen.
- Änderungen sind durch die verschiedenen Werkzeuge des in EB enthaltenen Änderungsmanagements sofort für alle Beteiligten erkennbar und werden unmittelbar in ihren Konsequenzen ausgeführt.
- Dies führt in frühen Projektphasen dazu, dass sich der Aufwand erhöht, da nicht nur beispielsweise eine Skizze plus Exceldaten zum Weitergeben geschaffen werden, sondern von Anfang an konkrete Objekte mit bestimmten Eigenschaften, also exaktere Informationen. Das zahlt sich aber im weiteren Verlauf und besonders zum Ende hin durch den höheren Abstimmungsgrad und die deutlich bessere Qualität der Engineering-Daten gleich mehrfach aus.
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