Medizintechnik Wie 3D-Scanner die Medizin verändern: Gesicht, Schnabel, Wade, Ohr

Autor / Redakteur: Artyom Yukhin / Sariana Kunze

3-D-Drucker zusammen mit einem 3-D-Scanner haben sich in der Medizin etabliert. Vier Projekte zeigen, wie Technik hilft, Lebensqualität von Mensch und Tier zu verbessern.

Mit Hilfe eines 3-D-Scanners und eines 3-D-Druckers lassen sich Prothesen für unterschiedliche medizinische Anwendungen herstellen. Hier die kosmetische Prothese einer Wade.
Mit Hilfe eines 3-D-Scanners und eines 3-D-Druckers lassen sich Prothesen für unterschiedliche medizinische Anwendungen herstellen. Hier die kosmetische Prothese einer Wade.
(Bild: Artec 3D)

Ein Mann läuft langsam um eine Frau herum und scannt sie mit einem Handscanner. Der Mann heißt Alexander Gorodetsky und ist ein mechanischer Designer mit viel Erfahrung. Die Frau heißt Olga, ist Extremsportlerin und hat einen schweren Unfall überstanden: einen missglückten Skydiving-Sprung.

Die Russin verletzte sich bei dem Unfall so stark, dass sie den Großteil des Muskelgewebes verlor und nun mit einem deformierten rechten Unterschenkel leben muss.

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Mit Hilfe eines 3-D-Scanners soll eine Prothese speziell an ihr Bein angepasst werden. Dazu scannt Alexander Gorodetsky beide Beine mit dem handgeführten 3-D-Scanner „Artec Eva“. Die Prothese am verletzten Bein soll am Ende des Prozesses genauso realistisch aussehen wie das gesunde Bein, einen hohen Tragekomfort bieten und das Leben wieder lebenswerter machen. Der Scanner errechnet in Echtzeit ein hoch aufgelöstes 3-D-Modell des Objektes mit bis zu 16 Bildern pro Sekunde. Anschließend kommt 3-D-Modellbauer Valery Karaoglanyan ins Spiel – er modelliert die Prothese auf Basis zweier Punktwolken: dem Scan des gesunden und dem Scan des verletzten Beins. Nach Fertigstellung des 3-D-Modells des Wadenmuskels wird die kosmetische Prothese mit einem 3-D-Drucker erzeugt. Die ganze Geschichte zum nachlesen.

Ein zweites Gesicht aus dem 3-D-Drucker

Auch im Gesicht können 3-D-Scanner Gutes tun. Besonders spektakulär: Patienten erhalten vor kosmetischen Operationen beispielsweise ein naturgetreues 3-D-Modell ihres neuen Gesichts. Hier kommt Dr. Avşar ins Spiel, der die AVSAR-Klinik für plastische Chirurgie in Istanbul gegründet hat. Als erster plastischer Chirurg weltweit zeigt der Türke seinen Patienten mithilfe eines 3-D-Handscanners individuelle Gesichtsmasken, die das Ergebnis des Eingriffs vorwegnehmen. Mit dem 3-D-Modell bekommen die Patienten ein Objekt an die Hand, das sie das Ergebnis der Operation im wahrsten Sinne des Wortes „begreifen“ lässt. Es hilft, die Möglichkeiten und Grenzen eines Eingriffs realistisch einzuschätzen. Auch die Ärzte profitieren von der Maske, die als dreidimensionales Referenzmittel dient. Vor dem 3-D-Handscanner gestaltete Dr. Avşar die Masken selbst – allerdings von Hand. Eine mühsame Arbeit, die viel wertvolle Zeit kostete. Zudem fehlten den handgefertigten Modellen oft so wichtige Details wie Farbe und Textur.

3-D-Druck eines Ohres als OP-Vorlage

Ein Krankenpfleger benutzt einen 3-D-Handscanner, um das Ohr eines Mädchens zu scannen. Ellie leidet an einer angeborenen Fehlbildung am elastischen Knorpel des Ohres. Bei manchen von dieser Erscheinung Betroffenen kann die Ohrmuschel derart klein ausfallen, dass sie als gar nicht vorhanden erscheint. Folge: Schwerhörigkeit. Mit dem 3-D-Scan des Ohres kann Ken Stewart, der Leiter des örtlichen „Ear Reconstruction Service of Scotland“ in Edinburgh, Ohrfehlbildungen mit Hilfe einer 3-D-Vorlage korrigieren. Hierfür werden normalerweise beide Ohren gescannt: das gesunde und das deformierte. Im Fall von Ellie liegt allerdings eine bilaterale Mikrotie vor. Hier sind beide Ohren betroffen und es muss das Ohr eines Familienmitglieds gescannt werden.

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