Coaching für Führungskräfte 100 Tage-Programm hilft in der Startphase
Bei der Firma Auma Riester wird jeder neuen Führungskraft ein 100 Tage Coaching ermöglicht. Klaus Schöffler erläutert den Ablauf und die Vorteile einer solchen Unterstützung in der Startphase.
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„Unser Unternehmen ist rasant gewachsen“, sagt Thorsten Schardt, Leiter Fertigung bei Auma Riester im südbadischen Müllheim. Das Familienunternehmen beschäftigt aktuell ca. 1600, wovon ca. 550 im Stammwerk in Müllheim arbeiten.
Jedes Wachstum bringt neue Herausforderungen mit sich. So stiegen z.B. im Laufe der Jahre die Anforderungen an die Führungskräfte in der Produktion. Außerdem vergrößerten sich die Führungsspannen, weshalb die Führungskräfte aufgrund ihrer zahlreichen Organisations- und Koordinationsaufgaben weniger Zeit zum Betreuen ihrer Mitarbeiter hatten. Manche Führungskraft fühlte sich auch mit der Mitarbeiterführung überfordert. Laut Schardt aus „nachvollziehbaren Gründen“. Schließlich handelte es sich bei den Führungskräften in der Produktion zumeist um Facharbeiter, „die eigentlich nie, außer teilweise in ihrer Meisterausbildung, für das Führen von Mitarbeitern qualifiziert worden waren“. Hinzu kam: Lange Zeit existierte in der Fertigung von Auma kein gemeinsames Führungsverständnis. „Jede Führungskraft führte ihre Mitarbeiter so, wie sie dachten, dies sei richtig“, sagt Schardt über die Situation vor fünf, sechs Jahren.
Führungskompetenz ausbauen
Je größer das Unternehmen wurde, umso klarer wurde: Hier muss etwas geschehen. Also entschied die Unternehmensführung 2005, ein Weiterbildungsprogramm für die Gruppenleiter zu starten. Die damals zehn Gruppenleiter in der Fertigung in Mülheim besuchten fortan Führungsseminare, in denen ihnen das noch fehlende Führungswissen vermittelt wurde.
Von einem dieser Seminare waren die Gruppenleiter besonders begeistert, da es ein Thema behandelte, das ihnen stark unter den Nägeln brannte: das Führen von Mitarbeitergesprächen. Also erteilte Thorsten Schardt dem Leiter des Seminars Stefan Bald, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, eine weitern Auftrag. Er sollte für die Führungskräfte Gesprächsrunden organisieren, in denen regelmäßig über die Themen Mitarbeiter- und Gesprächsführung gesprochen wird - und zwar anhand konkreter Beispiele aus dem Führungsalltag. Bald nennt ein solches Beispiel. In den Gesprächsrunden wurde unter anderem erörtert: Wie reagieren ich als Führungskraft, wenn ich registriere, dass zwei Mitarbeiter sich zerstritten haben und nicht mehr miteinander reden, obwohl dies zum Erfüllen der gemensamen Aufgabe nötig wäre? Wann spreche ich diesen „Konflikt“ an und wie? Ein weiteres Gesprächsthema war: Wie sage ich einem Mitarbeiter, dass ich damit, wie er gewisse Aufgaben erledigt, nicht zufrieden bin, und zwar so, dass er sich nicht auf den Schlips getreten fühlt? Um so handfeste Dinge drehten sich die Treffen mit den Führungskräften, weshalb sie bei ihnen auf eine sehr positive Resonanz stießen. Denn die Führungskräfte spürten: Ich profitiere hiervon unmittelbar in meinem Führungsalltag.
Gemeinsames Verständnis von Führung schaffen
Wegen des gestiegenen Auftragsvolumens von Auma wurde 2003 in Müllheim eine neue, 4800 Quadratmeter große Produktionshalle errichtet, 2006 wurde zudem die Fertigung neu strukturiert. Hierbei wurde unter anderem im Auma-Stammwerk die Montage von einem Einschichtbetrieb auf einen Zweischichtbetrieb umgestellt. Hieraus ergab sich aufgrund der nun nötigen Schichtübergabe nicht nur ein erhöhter Abstimmungs- und Informationsbedarf. Es ergaben sich auch neue, potenzielle Reibundspunkte, die schnell zum Sand im Getriebe werden können.
Wegen der Umstellung auf den Zweischichtbetrieb benötigte das Unternehmen auch mehr Mitarbeiter und somit weitere Führungskräfte. Deshalb stellte sich laut Schardt für Auma die Frage: Wie schaffen wir es, neuen Führungskräften das Führungs-Know-how zu vermitteln, das unsere etablierten Führungskräfte schon haben, so dass wir zum Beispiel in den Gesprächsrunden einen gewissen Grundkonsens in Sachen Führung haben? Da die Zahl der Neuzugänge zu gering war, um diesen zeitnah zur Einstellung das noch fehlende Führungswissen im Gruppenseminaren zu vermitteln, wurde entschieden: Stefan Bald soll dies in Einzelcoachings tun.
Schnell zeigte sich aber: Mit einer reinen Wissensvermittlung ist es nicht getan. Denn gerade in der Startphase treten bei den Neuen häufig Unsicherheiten und Fragen auf - unter anderem, weil sie noch nicht mit der Kultur von Auma und den Abläufen und Gepflogenheiten im Betrieb vertraut sind. „Begeht eine Führungskraft aber, sie es aus Unsicherheit oder Unwissenheit, in der Startphase gravierende Fehler, dann bekommt sie oft kein Bein mehr auf den Boden“, betont Bald. „Deshalb benötigen sie in dieser Zeit eine individuelle Unterstützung.
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