Dem Credo offener Lösungen folgt die PI-Nutzerorganisation weiterhin sowohl bei der Integration von TSN in Profinet als auch bei der Darstellung von Profinet-Daten im OPC UA-Objektmodell.
Eine effektive Kommunikation ist nicht nur auf technologischer Seite extrem wichtig, auch zwischen verschiedenen Nutzerorganisationen profitieren Anwender davon. Ein gutes Beispiel dafür lieferte die Zusammenarbeit von Experten von Profibus & Profinet International (PI) und der OPC Foundation. Diese haben vor kurzem in einer Joint Working Group eine Lösung für die Darstellung von Profinet-Daten im OPC UA-Objektmodell spezifiziert. Das bedeutet: Profinet und OPC UA können in der Kombination heute schon zusätzlichen Kundennutzen anbieten und werden in Zukunft neue Möglichkeiten wie TSN integrieren.
Mit Profinet und OPC UA Brownfield-Anlagen innovieren
Zu den wesentlichen Inhalten der Profinet OPC UA Companion Spezifikation gehören die Erfassung und Darstellung von Assetmanagement- und Diagnosedaten. „So lassen sich sehr flexibel verschiedenen Applikationen, je nach Anforderung und Möglichkeit, konkret umsetzen“, erklärt Karsten Schneider, Vorstandsvorsitzender von Profibus Nutzerorganistion e.V. (PNO) Karlsruhe und Chairman von PI (Profibus und Profinet International). Hierfür werden über bestehende Profinet-Dienste Asset- und Diagnosedaten von heute eingesetzten Geräten in einer Anlagensteuerung eingesammelt und über OPC UA an überlagerte Instanzen geliefert werden.
Diesen Service kann auch ein Edge-Gateway, das ergänzend in der Anlage eingesetzt wird, anbieten. „Der große Vorteil ist, dass an der Steuerung keinerlei Änderungen vorgenommen werden müssen. Damit sind diese Use Cases geradezu prädestiniert, Brownfield-Anlagen zu innovieren“, so Schneider weiter.
Eine direkte Integration des OPC-Mappings in ein Profinet-Feldgerät ist ebenfalls möglich. Bei dieser Verwendung von OPC UA machen sich die Basiseigenschaften von Profinet – die Offenheit für parallele TCP/IP-Kommunikation und eine umfassende Datenstrukturierung – zum wiederholten Male bezahlt. Diese Möglichkeiten sind auch Grundlage für weitere Anwendungen, wie die Implementierungen von eigenen OPC UA-Modellierungen (beispielsweise zur Energiedatenerfassung) oder auch von standardisierten Modellen, wie zum Beispiel Namur Open Architecture (NOA).
Bei der Ausarbeitung der Companion Spezifikation ergaben Diskussionen der Experten auf Basis der bestehenden und geplanten Anwendungen eine grundlegende Architekturfrage bei verschiedenen OPC UA-Implementierungen in einem Gerät oder Anlagen. Bei OPC UA fehlte bisher der Aspekt der verschiedenen Sichten, also wie lassen sich beispielsweise Hardware, Technologie, Kommunikation sinnvoll zusammenhängend und für den Anwender nachvollziehbar darstellen. Dies wird nun in den Erweiterungen der OPC UA-Basisspezifikation eingebracht“, ergänzt Schneider.
Praktikabler Übergang von alter zu neuer Technologie
Doch damit nicht genug. Auch rund um das Thema TSN sind noch Hausaufgaben zu erledigen. „Man kann es nicht oft genug betonen, der wichtigster Aspekt ist, dass die Anwender weiterhin ihre bewährten Profinet-Anwendungen und vorhandenen Architekturen nutzen wollen. Zudem muss der Übergang in die neue Technologie für den Anwender beherrschbar bleiben“, macht Schneider deutlich. Um eine nachhaltige Lösung zu erhalten, hat PI daher zunächst drei TSN-Mechanismen ausgewählt, die besonders für die Anforderungen an die Echtzeit-Übertragung in der Automatisierung wichtig sind. Dazu gehören:
Time Synchronization,
Enhancements for scheduled traffic,
und Frame Preemption.
Bezeichnend sind dies die gleichen Prinzipien, die auch für IRT (Isochronous Realtime) gelten. Oder – wie es Schneider ausdrückt – PI hat in der Vergangenheit die Weichen richtig gestellt. Denn damit lassen sich bestehende Architekturen mit TSN einfach weiter nutzen.
Auch hier wurde bereits der Praxis-Test erbracht: In einer Demo-Anlage wurden verschiedene vorhandene TSN-Hardwarebausteine und Profinet-Stacks kombiniert und auf Netzwerksynchronisation, IO-Synchronisation, Integration bestehender Geräte sowie Netzlast getestet. Dabei wurde gezeigt, dass taktsynchrone IO-Applikationen mit einem Jitter kleiner als 1 µs genauso möglich ist wie ein Plug & Work bei Netzwerkänderungen. Auch der einfache Anschluss von bestehenden Profinet-Geräten oder die Robustheit der Profinet-Kommunikation selbst bei hohen Netzlasten wurde bewiesen. Auch hier sollen die Spezifikationsarbeiten zur Hannover Messe 2019 abgeschlossen sein.
Ausblick: Dies ist nur ein Ausschnitt der vielfältigen Arbeiten, die im nächsten Jahr anstehen. Großen Raum werden Themen rund um die Security und die Semantik einnehmen, auch die Spezifikation „Safety over OPC UA on Profisafe“ steht kurz vor der Veröffentlichung. Jedes dieser Arbeitspakete sind wichtige Bausteine, die Antworten auf die Frage liefern, wie die Architekturen der Zukunft aussehen.
BUCHTIPPOhne eine herstellerunabhängige Vernetzung von Geräten und Anlagen ist Industrie 4.0 nicht umsetzbar. OPC UA ist genau dafür konzipiert – doch der Einstieg ist nicht immer einfach. Das Fachbuch „Praxishandbuch OPC UA“ hilft weiter.
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