Elektromotoren Innovative Montageverfahren für den Elektromaschinenbau

Autor / Redakteur: Dr.-Ing. Stefan Junker / Reinhard Kluger

Um dauermagnetische Bauteile für Elektrische Motoren und Generatoren mit permanenter Läufererregung effizient handhaben zu können, werden am Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) der Universität Erlangen-Nürnberg Montagelösungen entwickelt.

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Die Entwicklung von Elektromotoren und Generatoren, deren Läufer anstelle von elektrischen Wicklungen über Dauermagnete verfügen, stellt derzeit einen wichtigen Entwicklungstrend im Elektromaschinenbau dar. Durch den Einsatz von Magneten aus modernen hartmagnetischen Werkstoffen entfällt die Notwendigkeit zur Übertragung elektrischer Energie vom stehenden Teil der Maschinen, dem Stator, auf die rotierende Komponente, den Läufer. Wegen des Wegfalls verschleißanfälliger Bürsten zeichnen sich permanent erregte Maschinen durch eine hohe Robustheit aus. Die weiteren Vorteile dieser Bauart, wie geringe Verlustleistungen, hohe Leistungsdichte und exzellente Regelbarkeit, machen Permanentmagnetmaschinen (PM-Maschinen) heute zu den in der Automatisierungstechnik bevorzugt eingesetzten Antrieben. Aktuelle Forschungsaktivitäten verfolgen darüber hinaus das Ziel, permanent erregte Maschinen für neue Anwendungsfelder zu entwickeln, die bisher konventionellen, elektrisch erregten Motoren und Generatoren vorbehalten waren. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung energieeffizienter Antriebssysteme für den Straßen- und Schienenverkehr und die Realisierung leistungsfähiger Generatoren, bspw. für Offshore-Windkraftanlagen.

Angesichts dieses Trends ist zukünftig ein wachsender Bedarf nach derartigen Produkten zu erwarten. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, sind die Produzenten von PM-Maschinen dazu gezwungen, die Leistung ihrer Produktionsverfahren und -anlagen an die steigende Nachfrage anzupassen. Da für die mechanische Fertigung der Läuferkomponenten bereits eine Reihe ausgereifter Technologien mit unterschiedlichen Automatisierungsgraden verfügbar sind, liegt das größte Potenzial in der Optimierung der notwendigen Montageprozesse. Ein Schlüsselprozess ist dabei die Montage der Dauermagnete auf das Blechpaket des eisenfertigen Läufers. Mangels Verfügbarkeit automatisierter Lösungen erfolgt die Durchführung dieses Montageschritts derzeit vorwiegend manuell. Automatisierte Bestückanlagen werden lediglich vereinzelt zur Großserienproduktion permanent erregter Läufer eingesetzt. Da die Magnetkörper in diesen Fällen ausschließlich unmagnetisiert aufgeklebt werden, müssen die komplettierten Rotoren in einem zusätzlichen Prozessschritt magnetisiert werden.

Problemfeld Magnetkraft

Deshalb ist es das Ziel der Erlanger Forscher, die Vorteile beider Konzepte zu verbinden, also vormagnetisierte Bauteile automatisiert zu verarbeiten. Dadurch können einerseits die Prozesskette verkürzt und andererseits eine höhere Qualität der fertigen Maschinen sichergestellt werden, so dass dieses innovative Konzept auf den ersten Blick von hohem Nutzen ist. Die große Herausforderung bei der praktischen Umsetzung dieser Methode in eine leistungsfähige Produktionsanlage liegt dabei in der sicheren Beherrschung der extrem hohen volumenbezogenen Magnetkräfte bei der Bereitstellung, Handhabung und Montage. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Vermeidung von Fixierarbeiten, um ein magnetkraftbedingtes Verrutschen der gesetzten Magnete vor dem Aushärten des Klebstoffs zu verhindern.

Zu diesem ungewünschten Effekt kommt es, wenn die magnetischen Querkräfte, die zwischen zwei oder mehreren benachbarten Dauermagneten wirken, größer sind als die zwischen Magnet und Läuferblechpaket vorliegende Reibkraft. Die Höhe der Reibung wird dabei primär von der Werkstoffpaarung und der magnetischen Anziehung des Magnets auf den Läufer beeinflusst. Dagegen hängen die resultierenden Querkräfte ausschließlich von den Proportionen der eingesetzten Magnetkörper ab, so dass die montagegerechte Gestaltung der Magnetkörper eine elementare Voraussetzung für die Realisierung effizienter Bestücksysteme darstellt.

Eine ergänzende Methode zur Beherrschung der Magnetkräfte während der Montage liegt in der Umsetzung geeigneter Bestückreihenfolgen. In der Praxis erfordert dies zunächst jeweils nur die Bestückung jeder zweiten Magnetreihe, so dass sich die magnetischen Querkräfte die auf die in die Lücke einzubringenden Bauteile wirken, gegenseitig aufheben und sich die resultierende Prozesskraft auf eine radial zur Läuferachse wirkende Komponente reduziert. In der manuellen Montage gestaltet sich die Umsetzung derartiger Sequenzen jedoch als schwierig, da es während des Heranführens eines Magnets an einen Punkt zwischen zwei vorab bestückte Magnetreihen zu extrem großen Kräften kommt, die in der Serienproduktion durch Mitarbeiter nicht mehr beherrscht werden können. Im Gegensatz dazu können durch die Automatisierung dieses Montageprozesses nahezu beliebige Bestücksequenzen umgesetzt werden.

Greifprinzipien für Läufermagnete

Die Rationalisierung der Magnetmontage setzt den Einsatz von Greifern aus, mit denen sowohl die extremen Magnetkräfte zu jedem Zeitpunkt der Montage sicher beherrscht werden können als auch alle Montagepositionen, insbesondere die Lücken zwischen zwei Magnetreihen, erreichbar sein. Während der Aspekt der Zugänglichkeit von Vakuumsaugern erfüllt wird, bietet dieses Prinzip keine ausreichend großen Haltekräfte. Auch die häufig in der Handhabungstechnik eingesetzten mechanischen Greifer eignen sich nicht für die Handhabung von magnetischen Bauteilen, da der Halt durch Einklemmen des gegriffenen Teils zwischen zwei Greiferbacken erfolgen muss und somit die Anforderungen an die Zugänglichkeit der Fügestelle nicht erfüllt werden. Konventionelle Magnetgreifer mit zwei magnetischen Greifpolen scheiden für diesen Anwendungsfall ebenfalls aus, da sich aufgrund der Magnetfeldorientierung der Läufermagnete stets zwei gleichartige und zwei gegensätzliche Pole gegenüberstehen. Somit liegt unabhängig von der Feldausrichtung des Greifers stets an einem Pol magnetische Abstoßung vor, während der Läufermagnet vom anderen Greiferpol angezogen wird.

Um die erforderlichen Haltekräfte dennoch über die Magnetoberfläche auf das zu handhabende Bauteil einzubringen, wurde am Lehrstuhl FAPS ein neuartiges Greifprinzip auf der Basis magnetischer Felder realisiert. Das für die Realisierung der Haltekräfte benötigte Magnetfeld wird dabei über einen einzigen Pol aufgebracht. Abhängig von der Orientierung der Felder von Greifer und Läufermagnet kommt es zur Ausbildung sehr starker Anziehungs- oder Abstoßungskräfte, mit denen die Bauteile zuverlässig gegenüber den Prozesskräften gesichert werden können.

Lösungen für Läufer unterschiedlicher Baugröße

Praktisch umgesetzt und getestet wurden nach diesem Prinzip arbeitende Greifer im Erlanger Labor der lehrstuhleigenen Modellfabrik. Die erste Lösung dient der Bestückung großer Fahrmotorläufer mit NdFeB-Quadern. Zur Handhabung dieser starken Magnete kommt ein Dauermagnetgreifer zum Einsatz, der das zum Greifen erforderliche Magnetfeld mit Hilfe zweier Permanentmagnete aufbringt. Beide Greifermagnete sind dabei drehbar gelagert, so dass in der Greiffläche sowohl starke Nord- als auch Südpole erzeugt werden können. Die Handhabung der kleinen Magnetkörper erfolgt mittels eines massiven dreiachsigen Portalroboters, der über eine ausreichend hohe Steifigkeit gegenüber den Prozesskräften von bis zu 250 N bietet. Der Läufer selbst ist angesichts seiner großen Abmessungen liegend im Arbeitsraum angeordnet. Um dennoch die Zugänglichkeit des Roboters an die zu bestückende Umfangsfläche zu gewährleisten, kann der Läufer in der Montagevorrichtung mit Hilfe eines Servomotors gedreht werden. Die Bereitstellung der zu montierenden Magnetquader erfolgt mittels einer einfachen Vereinzelungsmechanik, die die in einem Stapelmagazin angelieferten Magnete separiert und dem Roboter zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stellt.

Das zweite am Lehrstuhl umgesetzte System ist auf die Bestückung kompakter Servomotorläufer mit Achslängen von bis zu 400 mm ausgelegt. Aufgrund seiner kleinen Abmessung ist der Rotor in diesem Fall senkrecht stehend im Arbeitsraum des Bestückroboters angeordnet, so dass die komplette Umfangsfläche mit einem handelsüblichen Vierachsroboter erreicht werden kann. Im Gegensatz zur vorab beschriebenen Lösung führt dies zu einem deutlich geringeren maschinenbaulichen und steuerungstechnischen Aufwand, da alle zur Bestückung erforderlichen Prozessschritte durch das Handhabungsgerät ausgeführt werden können. Für diese Bestückmethode wurde ein Magazingreifer entwickelt, mit dem die Einzelmagnete direkt von einem Stapel auf der Läuferoberfläche abgelegt werden. Zu diesem Zweck wird der vorderste Magnet des im Magazin befindlichen Magnetstapels zunächst auf die Läuferoberfläche aufgesetzt. Um den Magnet vom Stapel zu trennen, wird der komplette Stapel parallel zur Läuferachse angehoben. Das zu montierende Bauteil verbleibt dabei aufgrund der magnetischen Anziehung so lange am Stapel, bis es an einem mechanischen Widerstand, wie bspw. einer Endplatte des Läufers oder einem bereits vorher montierten Magnet, anliegt. Durch weiteres Anheben des Stapels kommt es im Anschluss zum Abscheren des vordersten Magnetkörpers, der nun aufgrund seiner magnetischen Haftung auf dem Läufer verbleibt. Damit gestattet diese Methode eine schnelle und effiziente Montage großer Magnetmengen, da zeitraubende Bewegungsmuster zu Bereitstellungsgeräten entfallen.

Dr.-Ing. Stefan Junker, Oberingenieur und wissenschaftlicher Assistent, Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik, Bereich der Handhabungs- und Montagetechnik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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