Touch-Technologie Mit 3D-Touchscreen per Gesten steuern
Touchscreens sind dank Smartphones längst Alltag. Mit Gesten einen Touchscreen bedienen und per Drehbewegung z.B. die Lautstärke regeln – das ermöglicht ein 3D-Touchscreen für die Industrie.
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Das Besondere an der Touch-Technologie gegenüber konventionellen Eingabemedien wie Schalter, Taster und Drehknöpfen ist, dass die gewünschte Funktion ohne Kraftaufwand allein durch Berühren einer Oberfläche ausgelöst werden kann. Von den verbreiteten Technologien erfordert lediglich der resistive Touchscreen eine geringe Kraft. Das Fehlen einer Betätigungskraft kann Vor- und Nachteile haben.
Touchscreens und die dritte Dimension
Aus ergonomischen Gründen sind Touchscreens für Eingaben, bei denen eine echte dreidimensionale, präzise Positionierung erforderlich ist, nicht geeignet. Finger oder Hand können ohne Abstützung keine stabile Z-Position einnehmen. Dazu stehen Eingabemedien, wie die 3D-Maus, zur Verfügung.
Bei Touchscreens wird die dritte Dimension anders eingesetzt. Hier reicht eine grobe Erkennung der relativen Distanz aus. Relativ bedeutet, dass hier nicht geometrisch gemessen wird, sondern die Entfernung qualitativ („näher“ – „weiter weg“) bestimmt wird. Der Anwender sorgt intuitiv durch die Wahl der richtigen Abstands dafür, dass sich die Aktion entsprechend auswerten lässt.
Die einfachste Anwendung ist die Anwesenheitserkennung eines Benutzers, wobei der Touchscreen als Näherungssensor wirkt. Die übergebene Koordinate spielt bei der Auswertung keine Rolle, allein die Präsenz sorgt für Aufheben des Standby-Zustands, Aktivieren des Displays oder Schalten eines Ausgangs.
Ähnlich wie im zweidimensionalen Fall kann der 3D-Touchcontroller auch die Abfolge von Koordinaten verfolgen und daraus Bewegungsmuster rekonstruieren, die als Gesten zur Verfügung gestellt werden.
Werden 2D- und 3D-Sensor zugleich eingesetzt, können sie sich gegenseitig ergänzen, um zur Steigerung der Sicherheit eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen. Erkennt der 2D-Sensor ein Touchereignis, ohne dass der 3D-Sensor zuvor eine Annäherung signalisiert hat, handelt es sich um eine Fehlauslösung, die nicht an das Betriebssystem zurückgemeldet wird.
„Feel me“ – Haptik des Touchscreens
Stichworte, die in Verbindung mit dreidimensionalen Touchscreen genannt werden, sind Haptik, taktile Rückmeldung, Kraftmessung und Hovering. Was hat es damit auf sich?
Haptik: Die PCAP-Technologie bietet durch die Trennung von Design und Funktion vielfältige Möglichkeiten, die Touchoberfläche zu gestalten. Eine davon ist die Rauigkeit des Glases. Sie sorgt zum einen durch den Antiglare-Effekt dafür, Spiegelungen vom Display zu streuen und so den Displayinhalt besser wahrnehmen zu können. Zum anderen macht sie den Touchscreen für den Benutzer angenehm greifbar.
Taktile Rückmeldung (Force Feedback): Sie liefert ein mit den Fingerkuppen spürbares Signal an den Bediener zurück. Dies kann mit verschiedenen Verfahren erzielt werden, zum Beispiel mit einer relativen Bewegung zwischen Finger und Auflagefläche (Vibration). Die mechanische Anregung kann etwa durch einen Unwuchtmotor, einen Exciter (Elektro-magnet mit an der Touch-Oberfläche angekoppeltem Anker), oder einen Piezoschwinger erfolgen. Andere Verfahren, die dem Bediener den gleichen Eindruck vermitteln (z. B. durch elektrische Reizung der Nervenzellen), sind denkbar.
Messung der Betätigungskraft: Um eine taktile Rückmeldung, auch „Force Touch“ genannt, in Abhängigkeit von der Betätigungskraft zu geben, muss diese gemessen werden. Die einfachste Methode ist, die Auflagefläche des Fingers zu messen. Ein fest aufgedrückter Finger wird komprimiert und deckt daher eine größere Fläche ab. Das Verfahren ist ungenau, da die Auflagefläche bereits um Ruhezustand individuell und kulturell stark unterschiedlich ist, und die Kompression des Fingers von der Konstitution des Trägers abhängt.
Bringt man einen Kraftsensor direkt unterhalb der Sensorfläche an, werden die Messwerte reproduzierbar. Die höchste Genauigkeit lässt sich mit vier verteilten Sensoren erreichen, die in den vier Ecken oder Kanten des Touchsensors angebracht sind. Wie beim Force Feedback müssen Sensor oder Bildschirm flexibel gelagert sein. Dies erfordert den Einsatz einer dauerelastischen und gegenüber in der Anwendung auftretenden Umwelteinflüssen widerstandsfähigen Abdichtung.
Die Applikation kann bei nur leichter Berührung ein Ertasten der Bedienelemente durch eine andere haptische Rückmeldung ermöglichen als das Auslösen bei fester Betätigung. Darüber hinaus wird die funktionelle Sicherheit gesteigert, denn die grobe Lokalisierung des Touchereignisses durch die Kraftsensoren ermöglicht eine Plausibilitätsprüfung der vom Sensor zurückgegebenen Koordinaten.
Hovering: Eine Technik, die eng im Zusammenhang mit Näherungserkennung und Force Sensing steht, ist Hovering. Sie ist das Äquivalent zum „Mouseover“ bei der Bedienung mit der Maus: Die Maus verharrt über einem Eintrag, ohne dass eine Maustaste betätigt wird. Beim Touchscreen wird bereits bei Annäherung des oder der Finger vor Berühren des Touchscreens eine bestimmte Aktion ausgelöst. Dies kann die Erkennung der Anwesenheit (z. B. das Umschalten der Displaybeleuchtung vom Standby auf aktiven Betrieb) sein, die Vorschau einer Mail oder Einblenden einer Erläuterung.
Funktionsweise des 3D-Touch
Zwischen zwei Elektroden eines Kondensators wird ein Feld aufgespannt. Beim 3D-Touch ist es so ausgerichtet, dass es nach außen – also in Richtung Bediener/Betrachter – vortritt. Bei der Kalibrierung wird die Kapazität dieses Kondensators als Referenz gemessen. Jeder Gegenstand, der in das Feld eindringt, beeinflusst die Feldlinien und damit die Kapazität zwischen beiden Elektroden.
Das Messverfahren wertet die Änderung aus und rechnet sie in einen Abstand des Gegenstands sowohl von jeder der beiden Elektroden als auch von beiden gemeinsam um. Die erste Bewertung resultiert in einer Position zwischen den beiden Elektroden, die zweite zeigt in die dritte Dimension. Ordnet man orthogonal zum ersten Elektrodenpaar ein zweites an, kann analog die Position in der anderen Achse bestimmt werden.
So elegant und einfach wie das beschriebene Verfahren in der Theorie klingt, so aufwändig ist die Umsetzung in die Praxis. Die gemessenen Feldstärken variieren in Abhängigkeit von äußeren Einflüssen, seien es Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder mechanischen Streuungen innerhalb einer Geräteserie.
Der Touchcontroller setzt Methoden der künstlichen Intelligenz, wie das Hidden-Markov-Model ein, das auf das ursprünglich vorliegende Signal durch Auswerten der gemessenen Werte indirekt schließt. Die Erkennung von Gesten funktioniert nach diesem Modell ganz ähnlich wie bei Sprache und Handschrift. Trotz des rechnerischen Aufwands macht der hohe Integrationsgrad des ICs den Einsatz für den Anwender einfach, da er sich mit dem theoretischen Hintergrund nicht befassen muss.
Anwendungen der 3D-Touch-Technologie
Die 3D-Touch-Technologie kann überall dort eingesetzt werden, wo vor dem Touchscreen Gesten erkannt werden sollen und Auflösung und Genauigkeit keine Rolle spielen. In vielen Anwendungen wird der 3D-Touchscreen von einem darunter liegenden zweidimensionalen unterstützt, der die Position in der x/y-Ebene ermittelt. Der große Vorteil der Technologie liegt darin, dass sich Gesten „blind“ ausführen lassen, ohne auf den Touchscreen zu sehen.
In Situationen wie im Kraftfahrzeug trägt dies zur Verkehrssicherheit bei. Mit einem Wisch kann der nächste Titel oder Radiosender angewählt werden, eine Kreisbewegung stellt die Lautstärke ein. Die Rückmeldung erfolgt dabei über das Ohr des Bedieners, nicht über das Auge.
Neben Consumer-Produkten wie Notebooks und Audio (z. B. Bluetooth-Kopfhörer) spielt auch das Smart Home eine Rolle. In Weißer Ware, Klima- und Jalousiensteuerungen oder Lichtschaltern kann die dritte Dimension eingesetzt werden, um Funktionen zu aktivieren. Anstelle mit dem Finger genau auf das Sensorfeld zu zielen, reicht die grobe Bewegung einer Hand vor dem Sensor, um die „Default“-Funktion auszulösen, die etwa das Abschalten aller Lampen beim Verlassen des Raums.
In der Medizintechnik kann die 3D-Technologie die Bedienung medizinischer Geräte erleichtern, weil ohne Berührung Aktionen ausgeführt werden können, und der Bediener steril bleibt. Als Beispiel sei eine OP-Leuchte erwähnt, die die Einstellung von Position, Helligkeit und Lichtfarbe berührungslos ermöglicht.
Die 3D-Touchtechnologie kann auch ohne Display eingesetzt werden. Das Feld ist stark genug, um auch Holzplatten von Tischen oder Küchen-Arbeitsplatten zu durchdringen, was interessante Anwendungsfelder eröffnet.
Fazit: Im 2D-Bereich hat die PCAP-Technologie alle anderen Touch-Technologien zurückgedrängt. Ihre Vorteile im Design, dem Erscheinungsbild, der Funktion und der Funktionalität ermöglichen die Entwicklung von attraktiven und zuverlässigen Geräten. Durch die dritte Dimension erschließt sich PCAP die kontaktlose Interaktion, die besonders in der Medizin- und Lebensmittelproduktion gefordert ist. Auf der Softwareseite kann die Bedienerführung durch den Einsatz dreidimensionaler Gesten noch ergonomischer gestaltet werden.
Im Wettbewerb zum 3D-Touchsystem stehen andere Technologien wie z. B. Sprachsteuerung oder Eye Tracking. Sie haben für sich gesehen Vor- und Nachteile gegenüber 3D-Touch, die hier nicht betrachtet werden.
See Me – Feel Me – Touch Me – Heal Me: Mit Hilfe aktueller Touchtechnologie sind diese Forderungen realisierbar.
- See me: Strukturierte Oberflächen liefern eine haptische Rückmeldung, die das Auge unterstützen.
- Feel me: Mit der mechanischen Anregung der Oberfläche als taktile Rückmeldung erhält der Bediener die Rückmeldung, dass seine gewünschte Aktion erkannt wurde und verarbeitet wird.
- Touch me: Durch die Berührung wird die Aktion ausgeführt. Bei einem 3D-Touchscreen ist nicht einmal die direkte Berührung nötig.
- Heal me: Die vielfältigen Möglichkeiten der Touchtechnologie ermöglichen auch dort den Einsatz, wo Bediener oder Oberflächen steril sein müssen, wie in der Medizintechnik. Die Wünsche, die Tommy 1969 äußerte, lassen sich heute erfüllen.
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* Rudolf Sosnowsky, Leiter Technik, HY-Line Computer Components
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