RFID-System Unter Hochspannung richtig identifizieren

Autor / Redakteur: Hans De Craemer* / Sariana Kunze |

Bei dem Schaltanlagen-Hersteller Switch-Gear Company (SGC) wird die Fertigung immer komplexer. Die zunehmende Varianz der Produkte drosselt nicht nur Effizienz und Flexibilität, sondern erhöht auch das Fehler-Risiko. Die Lösung: Ein RFID-System, das jede Ringkabelanlage mit einem einmaligen Identifikationscode erfasst.

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Per RFID zieht eine Testanlage von SGC die jeweiligen Parameter des vorliegenden Produkts aus dem ERP-System.
Per RFID zieht eine Testanlage von SGC die jeweiligen Parameter des vorliegenden Produkts aus dem ERP-System.
(Bild: Turck)

Als Kunde möchte man heutzutage eine große Auswahl und Varianz an Produkten haben. Dieser der Individualisierungstrend stellt viele Unternehmen vor eine große Herausforderung. Denn je mehr Varianten eines Produkts existieren, umso schwieriger ist es, die Komplexität in der Fertigung zu bewältigen. Genau vor diesem Problem stand auch der belgische Mittelspannungsschaltanlagen-Hersteller SGC – Switch-Gear Company. Das Unternehmen entwickelt und produziert unter dem Motto „Built to last“ Mittelspannungszellen für den Einsatz im Innen- und Außenbereich. Die Geräte werden weltweit in elektrischen Schaltanlagen, Mittelspannungsmotoren, Windgeneratoren sowie bei Großverbrauchern wie Fabriken, Krankenhäusern, in der Landwirtschaft, im Gartenbau und weiteren Anwendungsfeldern eingesetzt. Sie transformieren Mittelspannung von 3 kV bis 36 kV in Niederspannung von 690, 400 oder 231 V. Die Mittelspannungsfelder werden mittels eines Lasttrennschalters mit integrierten Sicherungen oder Leistungsschaltern geschützt. Im Fall von Kurzschlüssen oder Überspannungen sorgen beide dafür, dass die Stromkreise getrennt werden.

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Günstige Ringkabelanlagen mit viel Varianz

Aufgrund der Marktanforderungen nach günstigeren Versionen des SGC-Portfolios, entwickelten die Belgier die Produktfamilie DR-/DT-6. Diese kompakten Einheiten verbinden die unterschiedlichen Funktionen der Mittelspannungsfelder in einem Gehäuse und werden als Ring Main Unit (RMU) – Rindkabelanlage – bezeichnet. Anfangs produzierte SGC die RMU noch weitgehend in Einzelstückfertigung, doch die zunehmende Nachfrage machte eine automatisierte Produktionsstraße notwendig. Die manuellen Tätigkeiten sollten minimiert werden, um die RMU wirtschaftlich produzieren zu können. Die RMU werden in zahlreichen Produktvarianten angeboten. Diese große Vielfalt forderte bei der manuellen Produktion höchste Sorgfalt bei der Dokumentation der Produktion und insbesondere den Tests, die die RMUs während und nach der Produktion durchlaufen. Um trotz der hohen Komplexität effizient und vor allem fehlerlos produzieren zu können, entschied sich SGC für den Einsatz eines RFID-Systems. Es soll jedes RMU zu jedem Zeitpunkt der Produktion mit einem einmaligen Identifikationscode erfassen. So sind alle relevanten Daten aus dem ERP-System an diesen Identifikationscode gekoppelt und in der Produktionsumgebung verfügbar.

34 UHF-Schreibleseköpfe tracken alles

Patrick De Clercq, verantwortlicher Projektingenieur bei SGC, schloss eine Identifikation der Produkte mittels Barcode schnell aus. Manuelle Leseprozesse wollte er vermeiden, außerdem wollte er ein System, das die Identifikationscodes nicht falsch interpretieren kann. Im Verlauf des Projekts testeten De Clercq und sein Team UHF-Systeme verschiedener Hersteller. Das UHF-System sollte eine TCP/IP-Verbindung mitbringen, um es an das firmeneigene ERP-System anzubinden. Dieses System, DF-One, wurde vom eigenen EDV-Team für SGC programmiert und immer wieder geänderten Anforderungen angepasst. Es übernimmt gleichzeitig die Aufgaben eines MRP-Systems.

UHF-Reader der Firma Turck verfügen zwar nicht über eine integrierte TCP/IP-Schnittstelle, aber in Verbindung mit seinem RFID-Interface- und I/O-System BL20 konnte Turck die Forderung trotzdem erfüllen. Mit dem programmierbaren BL20-Gateway konnte Turck eine Lösung anbieten, die auch Steuerungsaufgaben übernimmt und so unabhängig von übergeordneten Systemen agiert. Mit dem ERP-System von SGC kommuniziert das System über TCP/IP. „Wir wollten eine Lösung, die auch Stand-Alone funktioniert und nur die notwendigen Informationen mit dem ERP-System austauscht“, erklärt De Clercq die Architektur. Das Risiko von Doppellesung hat SGC minimiert, indem das BL20-RFID-Interface immer nur das Lesen eines einzigen Schreiblesekopfs zulässt. Turck Multiprox, die belgische Turck-Niederlassung, hat SGC beim gesamten Projekt begleitet und die Programmierung des Systems mit Codesys übernommen. An der Produktionsstrecke erkennt SGC heute mit 34 UHF-Schreibleseköpfen die Produkte in allen Produktionsstadien. Ein erster Schreiblesekopf erfasst das Einlagern der Rohstoffe im völlig automatisierten Shuttle-Lager. Weiterhin sind an jeder Arbeitsstation Schreibleseköpfe installiert.

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