Rittal Den richtigen Riecher für Schaltschrank-Innovationen

Redakteur: Wolfgang Leppert

Wer mit Schaltschränken sein Geld verdient, und wer im Hessischen zwischen Westerwald, Lahn und Dill tief verwurzelt ist, gilt landläufig nicht unbedingt als erste Adresse für Zukunftstechnologien. Wer jedoch einmal am Stützelberg in Herborn vorbeischaut, schüttelt solche Vorurteile schnell ab. Dort überzeugt Rittal seine Besucher gern vom Gegenteil.

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Für viele Komponentenhersteller ist der Schritt ins Systemgeschäft ein gewaltiger Kraftakt. Dem Gehäuse- und Schaltschrankspezialisten Rittal aber nimmt man es ab, diesen Wandel gewissermaßen auf natürlichem Weg vollzogen zu haben. „Der Schaltschrank ist unsere Kernkompetenz und hat natürlich nach wie vor seine Berechtigung“, erklärt Bernd Eckel. „Aber man braucht Klimatisierung, man braucht Stromverteilungskomponenten und anderes mehr. Und auf diese Weise ist letztlich im Laufe der Zeit bei uns ein komplettes System entstanden“, so der Geschäftsführer Vertrieb. Gleichwohl bedarf es eines enormen Aufwands in Entwicklung, Produktion und Qualitätsmanagement, bis alle Teile eines Systems perfekt zueinander passen und miteinander arbeiten. Schon ein kurzer Rundgang auf dem Stützelberg in Herborn, dem Stammsitz des Familienunternehmens, macht deutlich, wie viel spezielles Know-how dafür erforderlich ist.

Die Rittal-Systemarchitektur: von Gehäusetechnik und Stromverteilung über System-Klimatisierung bis zur IT-Infrastruktur, mit Planungs- und Engineering-Werkzeugen als ideale Ergänzung (Archiv: Vogel Business Media)

Was vor wenigen Jahren unter dem Motto „Total Benefit of Usership“ einen ersten Höhepunkt erlebte – andere Anbieter setzten mit den „Total Costs of Ownership“ noch voll auf die Kostendiskussion – läuft heute unter „Rittal — Das System. Schneller – besser – überall“, dem aktuellen Claim für die Systemarchitektur von Rittal. Und es kennzeichnet laut Bernd Eckel den Weg „von einem starken und sehr gut abgestimmten Komponentenprogramm hin zu völlig neuen Denkweisen in Prozessen und Lösungen“. Was allerdings nicht bedeute, die angestammten Kernkompetenzen Gehäusetechnik und Klimatisierung verlassen zu wollen. Gleichwohl erwachsen daraus neue Themen und Herausforderungen, die künftiges Wachstum sicherstellen sollen.

Relativ eindeutig lässt sich der Systemgedanke auf der Produktebene fassen: ein kompletter Baukasten mit Gehäusetechnik, Stromverteilung, Klimatisierung und IT-Infrastruktur, ergänzt um Engineering-Werkzeuge für effiziente Planungsprozesse. Das passt für die industriellen Hauptabnehmer aus dem Maschinen- und Anlagen- sowie aus dem Steuerungsbau, findet aber insgesamt eine sehr breite Klientel – vom Treibhaus in der Gärtnerei bis zum Flughafen. Deutlich anspruchsvoller ist, was Rittal jetzt als Systemberatung offeriert: im Schulterschluss mit dem Kunden ganze Teile seiner Wertschöpungskette analysieren, Optimierungsmöglichkeiten in den Prozessen aufdecken und dafür individuelle Lösungen kreieren – von der Planung bis zum Service aus einer Hand. „Dabei geht es immer darum, dem Kunden als Mehrwert einen Effizienzvorteil zu verschaffen, der ihn auf Dauer wettbewerbsfähiger macht“, so Eckel.

Diskutiert wird jetzt über Nutzenaspekte statt über Komponentenpreise

Ein gutes Beispiel dafür sind die so genannten Cool Efficiency-Kühlgeräte, die gegenüber herkömmlichen Serienmodellen bis zu 45 Prozent weniger Energie verbrauchen, damit zugleich die CO2-Emission um 45 Prozent senken – was übrigens nicht Rittal selbst, sondern ein Kunde aus der Automobilindustrie nachgemessen hat – und die durch nanokeramisch beschichtete Wärmetauscher deutlich weniger Wartung benötigen. „Die Nutzendiskussion über Aspekte wie Servicefreundlichkeit und Energieeffizienz steht natürlich auf einer anderen Ebene als die reine Diskussion über Gerätepreise“, unterstreicht der Geschäftsführer.

Energieeffizient kühlen, dabei die Umwelt schonen und die Kosten fast halbieren: die Cool Efficiency-Kühlgeräte halten ihr Versprechen (Archiv: Vogel Business Media)

„Außerdem wurde zum einen ein professionelles Branchenmanagement installiert, um mit Kunden auf Augenhöhe zu diskutieren und Lösungen aus der Branche für die Branche zu entwickeln. Zum anderen analysiert eine Gruppe hochspezialisierter Ingenieure – die Rittal Systemberatung – die Kundenprozesse und optimiert sie wertanalytisch“, erklärt Bernd Eckel. Zudem hat sich Rittal Anfang September organisatorisch neu ausgerichtet: „Wir sind jetzt von oben bis unten rein funktional und zentral aufgestellt.“ Unterhalb des Eigentümers Friedhelm Loh verantworten vier Geschäftsführer die Bereiche Produktion, F&E mit Qualitätsmanagement und Service, Finanzen plus Administration und Personal sowie eben Vertrieb. Zugleich wurden Gruppenunternehmen wie Lampertz und Litcos integriert, um vorhandene Kompetenzen prozessorientiert zusammen zu führen und dann „als Rittal die komplette Kette anbieten zu können“. Diese Kette wird zunächst auf fünf Zielbranchen fokussiert: Maschinenbau, IT, Klimatisierung, Elektromobilität und Verkehrstechnik – weitere sollen folgen.

Die Abnehmer wiederum profitieren mehrfach: So reduziert sich durch die Zusammenarbeit mit einem Systempartner verständlicherweise die Anzahl der Komponentenlieferanten, was den internen Aufwand oft erheblich reduziert. Mit seiner internationalen Präsenz gewährleistet Rittal zudem schnellen und kompetenten Service rund um den Globus. Dabei ist nicht unwichtig, dass alle Geräte nach internationalen Standards zertifiziert sind. Und schließlich gewährleisten durchgängige Software-Tools einfache Abläufe im Engineering. Durch die Systemberatung wurden bei Kunden bereits konkrete Einsparungen erzielt.

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