Bleifrei heißt nicht schadstofffrei Flexible Absaugsysteme entfernen potenziell schädlichen Lötrauch am Arbeitsplatz

Redakteur: Ines Stotz

Die seit 2006 in Kraft getretenen EU-Richtlinie zur Umstellung auf bleifreie Prozesse ist zwar technisch gut umsetzbar, kann aber zu einer stärkeren Belastung der Mitarbeiter durch schadstoffbelasteten Lötrauch am Arbeitsplatz führen. Abhilfe schaffen Lötrauch-Absaugungen mit mehrstufigen Filtersystemen.

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Blei war über lange Zeit ein wesentlicher Bestandteil von Weichloten. Der niedrige Schmelzpunkt des Metalls sorgte für die guten Fließeigenschaften der Zinn-Blei-Legierungen. Hat ein elektronisches Gerät jedoch ausgedient und landet auf der Mülldeponie, kann das Blei der Lötstellen durch den Säuregehalt des Regenwassers ausgewaschen werden. Auf diesem Weg gelangt es zunächst ins Grundwasser und schließlich auch ins Trinkwasser. Dort stellt es eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit dar.

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Der weitgehende Verzicht auf bleihaltige Lötmetalle, den der Gesetzgeber aus diesem Grund festgeschrieben hat, ist technisch beherrschbar – Zinn-Silber und Zinn-Silber-Kupfer-Legierungen lassen sich als bleifreie Alternativen zur konventionellen Zinn-Blei-Legierung praktisch überall einsetzen.

Aufgrund ihres höheren Schmelzpunktes, einer stärkeren Oberflächenspannung und einer geringeren Benetzungsgeschwindigkeit auf metallischen Oberflächen sind bei bleifreien Lötmetallen jedoch andere Flussmittellösungen gefragt. „Lötfehler und Qualitätseinbußen lassen sich beim bleifreien Löten nur durch entsprechend angepasste Flussmittelsysteme zuverlässig vermeiden“, weiß Holger Janssen, Fachberater für Löttechnik beim Bremer Katalogdistributor Distrelec Schuricht - der für seine Kunden auch spezielle Seminare zur bleifreien Löttechnik anbietet.

In der Praxis bedeutet das, dass bleifreier Lötdraht teilweise modifizierte, vor allem aber deutlich mehr Flussmittel enthält. Durch den höheren Schmelzpunkt der bleifreien Legierungen muss außerdem mit höheren Temperaturen gelötet werden. „Und das wirft beim bleifreien Löten neue Probleme auf, die bisher leider oft nicht ausreichend beachtet werden“, betont Janssen. Die Rede ist dabei vom Lötrauch, der bei Temperaturen oberhalb von 300°C gesundheitsschädliche Stoffe freisetzen kann.

Bleifrei löten heißt nicht gesünder arbeiten

„Wer glaubt, durch den Verzicht auf Blei im Lötmetall sei das Löten quasi ‚gesünder’ geworden, irrt sich leider“, betont auch Thorsten Seifert, Geschäftsführer bei Seifert und Industrievertretung des Löttechnikspezialisten Weller. Das Blei, das erst bei Temperaturen über 1000°C verdampfe, spiele beim Lötrauch praktisch keine Rolle. Die Gefahr gehe hier von den verbrennenden Flussmitteln aus. „Und davon enthält bleifreies Lötmetall nicht weniger, sondern prozentual mehr“, betont Seifert. Darüber hinaus werde beim bleifreien Löten mit höheren Temperaturen gearbeitet, was wiederum zu einem stärkeren Verdampfen führe.

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