Wie Roboter, KI und Laser die Pflanzenvermehrung revolutionieren

Quelle: Pressemitteilung

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Kostengünstig und nachhaltig: Das Ro-Bo-Cut-System führt alle Schritte der Pflanzenvermehrung vollständig automatisch durch. Möglich macht dies eine Kombination aus Robotern, Bilderfassung und maschinellem Lernen.

Vier präzise und schnelle Kawasaki-Roboter, High-end-Bilderfassung, ein Laser und eine leistungsstarke KI: Das Ro-Bo-Cut-System von Bock Bio Science revolutioniert die Pflanzenvermehrung.
Vier präzise und schnelle Kawasaki-Roboter, High-end-Bilderfassung, ein Laser und eine leistungsstarke KI: Das Ro-Bo-Cut-System von Bock Bio Science revolutioniert die Pflanzenvermehrung.
(Bild: Kawasaki Robotics)

Gut Ding will Weile haben: Ro-Bo-Cut ist das Ergebnis einer aufwändigen, zehnjährigen Entwicklungsphase. Die Idee hinter dem Projekt war, sterile Pflanzen im in-vitro-Labor automatisch zu vermehren. Sie kam Friederike und Stephan von Rundstedt, den Inhabern des Familienunternehmens Bock Bio Science aus Bremen, einem weltweit führenden Experten für in-vitro und gärtnerische Vermehrung von Pflanzen.

Pflanzen schneiden und in frische Becher setzen

Der Prozess, den es zu automatisieren galt, ist schnell erklärt: Pflanzen erkennen und greifen, Schnittlinien legen, schneiden, die Pflanzen wieder aufnehmen und in frische Becher setzen. Bislang war dies primär über die Arbeit in Niedriglohnländern möglich. Doch Friederike und Stephan von Rundstedt waren sich sicher: Die Vermehrung sollte in Bremen bleiben, inklusive dem Fachwissen und Know-how. Und so machten sich die beiden auf die Suche nach einer Lösung.

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Die Reise begann mit der Vermehrung seltener Orchideen. Erste Gespräche mit Automatisierungspartnern vor rund zehn Jahren ergaben zunächst ein durchwachsenes Feedback: „Zu komplex, mehr als 40 Entscheidungen pro Minute an der Werkbank, das kann keine Maschine“, erinnert sich Friederike von Rundstedt an die Antworten. „Mit dem Aufkommen von künstlicher Intelligenz, Machine Learning und Bilderkennung änderte sich das langsam, aber sicher“, fügt die studierte Gartenbauwissenschaftlerin hinzu.

Schließlich kam es bei einem Besuch von Stephan von Rundstedt auf der Hannover Messe zum ersten Gespräch am Stand von Kawasaki Robotics – mit Erfolg: Franz-Josef Diekstall, Geschäftsführer des Kawasaki-Integrators DMP, war sofort von der Idee des Unternehmers begeistert und sagte seine Unterstützung zu. „Die Bereitschaft von Kawasaki, uns unkompliziert einen Leihroboter für Versuche und erste Prototypen zur Verfügung zu stellen, war vor allem zu Beginn des Projekts eine große Hilfe – so konnten wir schnell an Fahrt und Sicherheit gewinnen“, sagt Stephan von Rundstedt.

Sterile Zelle mit vier Robotern von Kawasaki

Heute ist das Ro-Bo-Cut-System einsatzbereit: Dabei handelt es sich um eine vollständig sterile Zelle, ausgestattet mit einem RS007L und drei RS007N Hochleistungsrobotern von Kawasaki Robotics. Über einen Infeed werden Becher mit zu vermehrenden Pflanzen zugeführt. Diese werden geöffnet und jeweils eine einzelne Pflanze von einem Roboter mit mechanischem Greifer entnommen und einem Bilderkennungssystem präsentiert – dort wird die Pflanze innerhalb von 0,3 s präzise erfasst und die Schnittlinien definiert.

Anschließend wird die Pflanze in die sogenannte Laserkammer transferiert, wo sie gemäß der gelegten Schnittlinie geteilt wird. Hier findet die eigentliche automatische Vermehrung statt: Der Laser teilt die Pflanze in einzelne Sprosse, die auf ein steriles Laufband platziert werden. Von dort werden sie von einem weiteren Roboter gegriffen und in einen neuen Becher mit frischem Agar-Agar-Nährboden gesetzt. Der Becher wird geschlossen und verlässt über den Outfeed die Maschine. Die Automatisierung mit Ro-Bo-Cut erlaubt ein berührungsloses Handling der Pflanzen im sterilen Raum – ohne menschlichen Kontakt.

Pflanzen werden nicht beschädigt

Der Vorteil des Lasers gegenüber herkömmlichen Skalpellen: Ein Laserstrahl ist im Vergleich nur ein Viertel so dick. Der Schnitt ist absolut präzise, schnell und verursacht keinerlei Beschädigungen an der Pflanze. Kombiniert mit der Bilderkennung des Systems kann der Laser zudem exakt entlang der natürlichen Wachstumslinie schneiden. Das Ergebnis: Ein deutlich besseres Wachstum bei den neuen Pflanzen, da diese Nährstoffe sofort intensiver aufnehmen kann.

Künstliche Intelligenz (KI) spielt bei Ro-Bo-Cut eine Schlüsselrolle: Neben den vier Controller für die Roboter sind drei Industrie-PCs und ein KI-Server verbaut. 16 Kameras sorgen für den nötigen Input für die Vision Recognition Software. Die KI kommt bei nahezu jedem Prozessschritt zum Einsatz, etwa bei der Erkennung nach der Entnahme. Auf Basis dieser Aufnahmen wird ein 3D-Modell erzeugt, an welchem mittels KI die Schnittlinien definiert werden. Bevor im nächsten Schritt der Laserschnitt vorgenommen wird, wird die Pflanze nochmals erfasst und das 3D-Modell abgeglichen – so können eventuelle Verschiebungen während des Transports leicht kompensiert werden.

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KI gibt die entscheidenden Informationen

Die letzte Herausforderung im Prozess: Die richtigen Pflanzenteile in der passenden Position vom Fließband entnehmen und in das Agar-Agar-Medium zu setzen. Durch den Einsatz der KI erhält der Roboter die exakten Informationen, um unerwünschte Pflanzenteile auszusortieren und die richtigen Ableger präzise zu entnehmen und zu platzieren.

Mit einer Einheit können wir bis zu zehn sterile Werkbankplätze ersetzen und Energie einsparen. Damit lohnt sich auch die Produktion vor Ort ...

Friederike von Rundstedt

Für Friederike von Rundstedt standen von Anfang an die Faktoren Umweltschutz und Nachhaltigkeit im Vordergrund: „Mit einer Einheit können wir bis zu zehn sterile Werkbankplätze ersetzen und Energie einsparen. Damit lohnt sich auch die Produktion vor Ort, Emissionen durch tausende Flugkilometer in günstige Produktionsländer werden vermieden.“ Durch das schnelle und gesunde Wachstum der präzise geschnittenen Pflanzenableger wird auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im nachgelagerten Produktionsprozess erheblich reduziert.

Für die Vermehrung einer Vielzahl von Pflanzen geeignet

Entwickelt wurde Ro-Bo-Cut zwar zunächst für die schwer vermehrbaren Phalaenopsis Orchideen, doch das System eignet sich auch für die Vermehrung zahlreicher weiterer Pflanzen – darunter Zierpflanzen, Gehölze, Stauden oder ernährungsrelevante Pflanzen wie Kartoffeln. Doch auch außerhalb der Pflanzen- und Gewebekultur – in der vegetativen Vermehrung – soll Ro-Bo-Cut künftig zum Einsatz kommen. Dies ist insbesondere für Stecklingsproduzenten relevant, etwa für Eukalyptus, Straßenbäume, Beet- und Balkonpflanzen und vieles mehr.

Bei mehr als fünf Milliarden in-vitro produzierten Pflanzen und einem jährlichen Wachstum von zwölf Prozent ist der globale Bedarf enorm. „Ro-Bo-Cut ist eine Lösung, die auf dem Markt dringend erwartet wird“, ergänzt Stephan von Rundstedt. So können künftig auch solche Pflanzen, die noch nicht in-vitro produziert werden, mit der gleichen Methode hergestellt werden – lokal, nachhaltig und in immer gleichbleibender Qualität. Ro-Bo-Cut leistet damit einen aktiven Beitrag und blickt in die Zukunft: Schon jetzt geht das Ro-Bo-Cut Team der Frage nach, welche Prozesse in der Pflanzenbearbeitung zusätzlich automatisierbar sind.

Der Markt wartet auf Ro-Bo-Cut

Der Weg zu Ro-Bo-Cut war aufgrund der hohen Komplexität nicht immer einfach – insbesondere in puncto KI und Software war zwischenzeitlich sogar ein kompletter Neustart nötig. „Doch trotz aller Herausforderungen sind wir nun an einem Punkt an dem wir sagen können: Es läuft. Es ist nicht länger eine Frage des ‚Ob‘, sondern wann wir an die Öffentlichkeit gehen“, berichtet Stephan von Rundstedt stolz.

Die deutschen Bundesministerien für Forschung, Landwirtschaft und Wirtschaft haben das Potenzial der Lösung schon früh erkannt und das Projekt mit Förderungen unterstützt. Das Projekt hat bereits hohe Wellen geschlagen: 2018 gewann Ro-Bo-Cut den TASPO Award, einen wichtigen Innovationspreis der grünen Branche.

Zahlreiche international führende Pflanzenzüchter nahmen Kontakt mit Bock Bio Science auf und haben sich den Prototypen vor Ort in Bremen angesehen. 2019 wurde zudem der Bremer Umweltpreis an das Projekt Ro-Bo-Cut verliehen – eine weitere Bestärkung für das Unternehmerehepaar.

Ro-Bo-Cut kann künftig auch eine entscheidende Rolle darin spielen, wirtschaftliche Effekte einer Ausnahmesituation wie der COVID-19 Pandemie abzufedern: So war der Nachschub an Jungpflanzen aus den produzierenden Ländern massiv während der Pandemie eingeschränkt – resultierend in deutlich erhöhten Preisen und schlechter Verfügbarkeit. „Wir hoffen mit dem System eine Trendwende einleiten zu können: Es muss sich wieder lohnen, vor Ort zu produzieren“, sagt Friederike von Rundstedt.

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