Fertigungslogistik So bringt eine Roboterzelle Rohre in die richtige Spur

Redakteur: Karin Pfeiffer

Kein manuelles Handling mehr: Um die Büromöbel-Produktion stärker zu automatisieren, hat Trafö Förderanlagen für Sedus Stoll eine Roboterzelle entwickelt. Hier sorgt ein Kuka Roboter im Tube-Picking-Rohrlaser für die Materialzufuhr.

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Eine Förderstrecke führt vom Lager zum Roboter und vom Roboter zum Rohrlaser.
Eine Förderstrecke führt vom Lager zum Roboter und vom Roboter zum Rohrlaser.
(Bild: Fotoatelier Bernhard)

Seit 1871 schon produziert die Sedus Stoll AG in Dogern an der deutsch-schweizerischen Grenze hochwertige Büromöbel. Bekannt ist das Unternehmen für den weltweit ersten Drehstuhl mit einer drehbaren Säulenfederung, den sogenannten „Federdreh“. Heute vertreibt die Sedus Stoll AG ihre Qualitätsmöbel, die in Deutschland entwickelt und produziert werden, weltweit. Um die Automatisierung der Produktion voranzutreiben, hat die Trafö Förderanlagen GmbH & Co. KG im Auftrag der Sedus Stoll AG eine Roboterzelle mit individuell angepasster Software konzipiert. Der Kuka Roboter, ein KR Quantec vom Typ KR270 R2700 Ultra, dient darin als Bindeglied: Er versorgt den Rohrlaser, bisher manuell beladen, vollautomatisch mit Material aus dem Lager. 2018 hat der Anbieter vollautomatischer Lagersysteme und Logistiklösungen die Roboterzelle implementiert und damit nicht nur eine Arbeitserleichterung realisiert, sondern auch den Produktionsablauf beschleunigt. „Jetzt kann die Laseranlage mannlos im Mehrschichtbetrieb gefahren werden“, erklärt Ulrich Neckermann, Vertriebsleiter DACH bei Trafö.

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„Das Besondere an der Roboterlösung ist, dass der Laser direkt mit Einzelrohren bestückt wird“, so Neckermann. „Der Transport ganzer Bunde und die manuelle Beladung entfallen.“ Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, hat Trafö für den Tube-Picking-Rohrlaser eine spezielle Software entwickelt. Sie ermöglicht es, dass alle an der Anlage beteiligten Komponenten miteinander kommunizieren. Digitale Produktionspläne geben vor, welche Rohrtypen zu welcher Zeit am Laser benötigt werden. Das geforderte Material wird per Tablet aus dem Langgutlager geordert. Zudem hat Trafö dem Lager ein Retrofit verpasst und es so für Sedus Stoll technisch auf den neuesten Stand gebracht: Die Steuerung, Elektrik und Software – ebenfalls komplett erneuert. Außerdem führt nun eine neue Förderstrecke vom Langgutlager zum Roboter und vom Roboter wiederum hin zur Ablagestelle am Rohrlaser.

Kuka Roboter für Handling von bis zu 100 kg schweren Rohren ausgelegt

Das Lagersystem liefert die bestellten Rohre via Förderanlage in Systemkassetten an die Roboterzelle. In diesen oben offenen Kassetten sind meist verschiedene Rohrtypen eingelagert. Der Rohrlaser verarbeitet Rohre mit einer Länge von bis zu 6.800 mm und einem Gewicht von bis zu 100 kg. Neben Rundrohren mit einem Durchmesser von 16 bis 90 mm können auch Quadrat- und Rechteckrohre mit Maßen zwischen 30 x 30 mm und 100 x 100 mm bearbeitet werden. Der Kuka Roboter ist auf das Handling solcher Rohre ausgelegt. Um die in der Systemkassette lagernden Rohre voneinander zu unterscheiden, ist der Roboter mit einem intelligenten 3D-Erkennungssystem ausgestattet.

Das Tube-Picking im Detail:

Der Roboter erhält aus dem Produktionsplan die Information, welches Rohr als Nächstes im Rohrlaser bearbeitet werden soll. Anhand der übermittelten Daten scannt er mit einem integrierten 3D-Scanner den Inhalt der Systemkassette, um die Lage und Position der einzelnen Rohre zu erfassen.

Sobald er das angeforderte Rohr aufgrund seiner Produkteigenschaften identifiziert hat, beginnt das Tube-Picking: Der Roboter ist mit zwei Vakuumgreifern ausgestattet – einer für runde und einer für eckige Rohre. Er wählt eigenständig das passende Werkzeug aus, greift in die Kassette und nimmt das betreffende Rohr heraus. Dabei passt er den Neigungswinkel des Greifers automatisch an die ermittelte Position und die Lage des Rohres an. Sollte die Aufnahme des Rohres nicht sofort gelingen, wird nachgegriffen. Diese Zusatzfunktion garantiert einen zuverlässigen Ablauf, auch wenn die Rohre mal quer liegen oder verkanten.

Im Fall der Fälle greift der Roboter auch zweimal nach

Hat der Roboter das Rohr sicher erfasst, hebt er es an und legt es auf der Förderstrecke ab. Sie ist oberhalb der Roboterzelle angebracht und transportiert das Rohr zum Laser. Dort wird das Rohr mithilfe eines Senkförderers der Aufnahmevorrichtung des Rohrlasers zugeführt. Auf diesem Teil der Förderanlage können mehrere Rohre hintereinander abgelegt werden. Dieser Vorpuffer dient dazu, die durchgehende Versorgung des Lasers zu garantieren.

Sedus Stoll ist mit der automatisierten Lösung zufrieden, zumal sich die Wirtschaftlichkeit der Produktion auf diese Weise steigern ließ. Die Roboterzelle verschafft dem Büromöbel-Hersteller Vorteile: Zum einen entfallen manuelle Eingriffe in die Beladung des Rohrlasers. Der Roboter führt dem Laser die benötigten Teile präzise zu. Zum anderen kann durch die automatische Materialzuführung die maximale Auslastung des Lasers erreicht werden. „Durch die Roboterzelle kann die Laseranlage mehrschichtig im Takt von weniger als einer Minute bestückt werden“, hebt Ulrich Neckermann noch hervor. Das garantiere die optimale Ausnutzung des Rohrlasers. Solche Vorteile machen sich insbesondere dann bemerkbar, wenn im Produktionsalltag häufige Materialwechsel stattfinden.

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